MRT: "Die Deutschen sind gut durchleuchtet"

Knapp elf Millionen Deutsche ließen sich zuletzt mit Hilfe eines CT oder MRT in einer Praxis oder einer Klinik untersuchen. Die Kassen freut und schmerzt das zugleich, denn der medizinische Fortschritt kostet sie Milliarden.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
MRT am Klinikum Großhadern: Deutschland ist weltweit Spitzenreiter bei der Zahl der Untersuchung.

MRT am Klinikum Großhadern: Deutschland ist weltweit Spitzenreiter bei der Zahl der Untersuchung.

© Reinhard Kurzendörfer / imago

BERLIN. Sie dienen der haarscharfen Diagnose, ihre Erfinder sind mit Nobelpreisen für Physiologie und Medizin ausgezeichnet worden, und sie erfreuen sich bei Patienten wie Ärzten hoher Akzeptanz, wenn es um die Abklärung körperlicher Beschwerden geht: Die Rede ist von Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie (MRT).

Laut neuem Barmer GEK-"Arztreport", der am Dienstag in Berlin präsentiert wurde, sind in Deutschlands Praxen und Kliniken derzeit rund 2600 CT- und mehr als 2000 MRT-Geräte aufgestellt.

Im Jahr 2009 wurden knapp 4,9 Millionen Bundesbürger mindestens einmal in einem CT durchleuchtet, 5,9 Millionen ließen sich mit Hilfe eines MRT durchchecken. Damit liegt Deutschland bei den CT-Untersuchungen international im Mittelfeld und bei den MRT-Untersuchungen an der Spitze.

"Die Deutschen sind gut durchleuchtet", fasste Barmer GEK-Vorstand Dr. Rolf-Ulrich Schlenker die von Wissenschaftlern des ISEG-Instituts in Hannover vorgelegten Untersuchungsraten der vergangenen Jahre zusammen.

Der Trend bei CT- und MRT-Untersuchungen zeige konstant nach oben. So sei allein der Anteil der Menschen mit mindestens einer MRT seit dem Jahr 2004 um 41 Prozent nach oben geschnellt.

Das sei "durchaus positiv" zu bewerten, so Schlenker. Gesetzlich Versicherte profitierten vom medizinischen Fortschritt und das Solidarsystem der gesetzlichen Krankenversicherung demonstriere seine "Leistungsfähigkeit".

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Gleichwohl zahlten die Versicherten einen hohen Preis für die Diagnosetechnik. Rund 1,7 Milliarden Euro koste der Aufenthalt im CT und MRT jedes Jahr. 1,25 Milliarden Euro fielen dabei allein im ambulanten Bereich an.

Ob bereits von Überversorgung an bildgebender Diagnostik gesprochen werden könne, lasse sich derzeit nicht sagen. "Das müssen wir aber beobachten."

Kritisch zu sehen sei auch die zunehmende Strahlenbelastung durch CT-Nutzung, erklärte Schlenker. Deshalb stehe für ihn fest: "Wir dürfen diese Medizintechnik nicht nur deshalb einsetzen, weil sie modern ist."

Diagnostik um der reinen Diagnostik willen dürfe es jedenfalls nicht geben. CT und MRT dürften nur zum Einsatz kommen, wenn dies medizinisch zwingend geboten sei.

Grundsätzlich sei zu fragen, ob der gehäufte Einsatz von CT und MRT im ambulanten wie im stationären Bereich nicht am Ende zu "ineffizienten Parallelstrukturen" führe.

"Hier wird teure Medizintechnik in Praxis und Krankenhaus vorgehalten." Sinnvoller sei, so Schlenker, die kostspielige Apparatur in einem "Diagnostischen Zentrum" durch Krankenhaus und Vertragsarzt anzubieten.

Deutlich macht die Studie, dass sich die Zahl der CT- und MRT-Untersuchungen nach Bundesland deutlich unterscheiden. In ländlich geprägten Gebieten wie Brandenburg etwa wird häufiger im CT untersucht, in Großstädten wie Hamburg oder Berlin finden deutlich mehr Kernspin-Diagnosen statt.

 Studienautor Professor Friedrich Wilhelm Schwartz wies darauf hin, dass die bis zu 750.000 Euro teuren MRT-Geräte eine "sehr hohe Kapitalkraft" voraussetzen würden.

Nur durch regelmäßige Ausnutzung der Apparatur lasse sich das investierte Geld wieder hereinholen. "Das dürfte in dünn besiedelten Gebieten nur schwer möglich sein", sagte Schwartz.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Zu viel teure Diagnostik?

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