Arztnavi ab sofort bundesweit online

Ab sofort können 30 Millionen Versicherte von AOK und BARMER GEK bundesweit ihren Ärzten online ein Zeugnis ausstellen. Das Portal richtet sich aber nicht gegen Ärzte: Diese können sogar von der neuen Online-Arztsuche profitieren, betonen die Kassen.

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Ein Blick ins Portal lohnt sich: Im Arztbereich stehen den Ärzten verschiedene Funktionen zur Verfügung.

Ein Blick ins Portal lohnt sich: Im Arztbereich stehen den Ärzten verschiedene Funktionen zur Verfügung.

© D. Bonardelle/Fotolia.com

BERLIN (sun). Ein paar Mausklicks und schon sind die Bewertungen für Ärzte in der Umgebung abrufbar: Ab sofort startet die Online-Arztsuche bundesweit. Partner sind das Projekt Weisse Liste von der Bertelsmann Stiftung und Dachverbänden von Patienten- und Verbraucherorganisationen, AOK und BARMER GEK.

Damit können - nach einer erfolgreichen Pilotphase in drei Testregionen - rund 30 Millionen Versicherte der Krankenkassen AOK und BARMER GEK ihren Haus- und Fachärzten jetzt online ein Zeugnis ausstellen. Patienten können Fragen zu ihrem Arztbesuch beantworten. Diese wurden von Experten des IGES Instituts entwickelt.

Die Versicherten können in der Befragung etwa angeben, ob der Arzt sie in Entscheidungen einbezieht, ob ihre Intimsphäre gewahrt wird oder ob sie den Arzt an Freunde weiterempfehlen würden. In der Online-Arztsuche werden die Ergebnisse zusammengeführt und zu jedem einzelnen niedergelassenen Haus- oder Facharzt dargestellt.

Ziel sei es, dass jeder Nutzer auf der Grundlage von Kriterien suchen kann, die ihm persönlich besonders wichtig sind. "Wir rufen unsere Versicherten auf, diese Chance zu nutzen und mit dem Online-Fragebogen die Ärzte zu beurteilen, bei denen sie in Behandlung sind", sagte AOK-Vize Jürgen Graalmann anlässlich der Vorstellung des Portals in Berlin. Das Portal lebe vom Mitmachen: "Je mehr Patienten sich beteiligen, desto aussagekräftiger werden die Ergebnisse."

Das Portal sei zwar für Patienten entwickelt worden, richte sich aber nicht gegen Ärzte, betonte Graalmann. Ärzte könnten sogar von der Arztsuche profitieren: "Sie erhalten über das Portal ein systematisches Feedback ihrer Patienten." Die Ergebnisse könnten sogar "auch eine Hilfe für das praxisinterne Qualitätsmanagement sein", so Graalmann.

Ziel sei ein "Maximum an Fairness für die beurteilten Ärzte". Daher seien eine Richtschnur bei der Entwicklung Kriterien, welche die Ärzteschaft selbst zur Qualität von Arztbewertungsportalen aufgestellt hätten. Das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin habe das Portal geprüft. "Dabei hat es besser abgeschnitten als alle anderen, später getesteten Portale", sagte Graalmann.

Ein verzerrtes Bild durch Mehrfachnennungen könne nicht entstehen, betonten die Projektpartner. "Ärzte können per Kommentar reagieren, Schmähkritik ist nicht erlaubt", betonte BARMER GEK-Vize Dr. Rolf-Ulrich Schlenker. Auf Freitextfelder werde verzichtet. Seiner Ansicht nach wird ein Austausch "auf dieser Grundlage dem Arzt-Patienten-Verhältnis sicher gut tun".

Es gelinge "der Balanceakt zwischen einem ausgeprägten Sicherheitsbedürfnis einerseits und einem hohen Maß an Benutzerfreundlichkeit andererseits", so Schlenker. Schließlich schütze die einmalige Registrierung der Versicherten vor Manipulation. Gleichzeitig bleibe aber die Anonymität des Benutzers gewahrt.

Die Ergebnisse aus den Pilotprojekten Berlin, Hamburg und Thüringen belegten eine im Durchschnitt "erfreuliche hohe" Zufriedenheit der Patienten, ergänzte Graalmann. 45.000 Versicherte haben bisher ihrem Arzt online ein Zeugnis ausgestellt. Knapp 90 Prozent der Befragten gaben an, ihren Arzt "bestimmt" oder "wahrscheinlich" weiterempfehlen zu wollen, lediglich 2,4 Prozent schlossen dies aus.

"Zudem werden Unterschiede in der Bewertung zwischen den einzelnen Ärzten deutlich erkennbar", betonte Graalmann. Hausärzte schneiden demnach besser ab als Fachärzte. Knapp 91 Prozent der Befragten würden ihren Hausarzt "bestimmt" oder "wahrscheinlich" weiterempfehlen, 82 Prozent ihren Facharzt.

Die Zufriedenheit mit der Arztkommunikation ist der wichtigste Faktor für die Bereitschaft, den eigenen Arzt weiterzuempfehlen. Ärzte, die Versicherte "bestimmt" weiterempfehlen werden, erreichten in der Arztkommunikation 99 Prozent der möglichen Zustimmung.

Die Zeit, die sich Ärzte für die Behandlung nehmen, ist ebenfalls ein wichtiger Faktor dafür, ob ein Patient den Arzt auch seinen besten Freunden empfehlen würde. Das bestätigte auch der stellvertretende Geschäftsführer des Sozialverbands VdK Deutschland und Partner des Projekts Weisse Liste Jens Kaffenberger: "Patienten wünschen sich einen Arzt, der sich Zeit nimmt und auf Fragen eingeht, der Krankheit und Therapien verständlich erklärt."

Aus Sicht der Bertelsmann Stiftung schafft das Portal für die Patienten vor allem Transparenz. "Versicherte orientieren sich bei der Auswahl eines Arztes bereits heute an den Erfahrungen und Empfehlungen anderer Patienten", betonte Dr. Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung. "Durch das Portal werden die Erfahrungen für jedermann einfach und verständlich abrufbar - auf Basis einer systematischen und wissenschaftlichen fundierten Befragung", so Mohn.

Das Projekt soll weiter wachsen: Ab dem Jahr 2012 können sich weitere Kassen und deren Versicherte an dem Projekt beteiligen. Auf diese Weise soll das Portal auf eine möglichst breite Basis gestellt werden.

Die "Ärzte Zeitung" berichtet über den Arztnavigator als Medienpartner der AOK und des Projektes Weisse Liste.

Online-Arztsuche: Das steckt dahinter

Initiatoren der Online-Arztsuche sind AOK und das Projekt Weisse Liste von der Bertelsmann Stiftung und Dachverbänden von Patienten- und Verbraucherorganisationen. Anfang des Jahres stieß die BARMER GEK dazu. Damit bietet die Online-Arztsuche mehr als 30 Millionen Versicherten die Möglichkeit, ihren Arzt online zu bewerten.

Die Online-Arztsuche beruht auf Erfahrungen von Patienten. Sie ist kostenlos und werbefrei. Die Arztsuche ist unter folgenden Adressen abrufbar:

AOK-Arztnavigator:www.aok-arztnavi.de BARMER GEK Arztnavi: http://arztnavi.barmer-gek.de Weisse Liste:www.weisse-liste.de/arzt

Die Ergebnisse werden jedoch erst veröffentlicht, wenn mindestens zehn Bewertungen für einen Arzt vorliegen. Dadurch soll eine einseitige Darstellung aufgrund weniger Beurteilungen verhindert werden. Zudem wird auf Freitextfelder verzichtet. Somit ist eine Schmähkritik gegen Ärzte nicht möglich.

Seit dem vergangenen Jahr konnten AOK-Versicherte in den drei Pilotregionen Berlin, Hamburg und Thüringen per Internet zu ihren Erfahrungen beim Besuch einer Arztpraxis Auskunft geben. Bereits 45.000 Versicherte haben ihrem Arzt online ein Zeugnis ausgestellt.

Die Onlinesuche soll in Zukunft auf Zahnärzte und Psychotherapeuten ausgedehnt werden.

Lesen Sie dazu auch: Online-Arztsuche - gezielte Hilfe für Patienten

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