Der Standpunkt

Wirklich solidarisch?

Die SPD hat an ihrer Bürgerversicherung gefeilt. Doch vieles davon ist nicht konsequent, schlimmstenfalls eine Missgeburt oder schlicht kruder Populismus, meint Helmut Laschet.

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Der Autor ist stellv. Chefredakteur und Ressortleiter Gesundheitspolitik bei der Ärzte Zeitung. Schreiben Sie ihm: helmut.laschet@ springer.com

Die SPD hat weiter am Konzept der Bürgerversicherung gefeilt und bei ihrem Parteitag das Ziel bekräftigt, die Reform nach einem Regierungswechsel durchzusetzen.

Das Konzept genießt Popularität, weil es sich mit Vokabeln wie "gerecht" und "solidarisch" in ein gefälliges Gewand kleiden lässt. Doch lassen wir die Adjektive beiseite und analysieren das Gerippe der Bürgerversicherung: Trägt es den Anspruch auf Solidarität und Gerechtigkeit?

Punkt eins: die Egalisierung von GOÄ und EBM. Das wäre in der Tat eine notwendige, allerdings nicht hinreichende Bedingung, Diskriminierung zwischen Kassen- und Privatpatienten zu vermeiden. Vielmehr müssten auch alle Unterschiede zwischen dem GKV-Sachleistungssystem und dem PKV-Kostenerstattungssystem beseitigt werden.

Konsequenterweise müsste die PKV sich an den GKV-Spitzenverband als Vertragspartner der KBV anhängen. Mit der Folge, dass alle Mengenbegrenzungen und Abstaffelungen auch für die Behandlung von Privatpatienten gelten und die Abrechnung der Privathonorare über die KVen läuft.

Die FDP hat für den Arzneimittelbereich vorgemacht, wie das geht: Da ist die Privatassekuranz seit dem AMNOG Nutznießer der Dienstleistungen von GBA und IQWiG.

Punkt zwei: der solidarische Arbeitgeberbeitrag. Er ist eine Missgeburt. Denn in Wirklichkeit werden diejenigen Arbeitgeber mit einer Gesundheitssteuer zusätzlich belastet, die viele hochqualifizierte Arbeitskräfte beschäftigen.

Das sind auch Betriebe des Gesundheitswesens: Krankenhäuser, Medizintechnik, pharmazeutische Industrie. Ein Bärendienst für den High-Tech-Standort und die klugen Köpfe, die er braucht!

Punkt drei: Der Verweis auf Finanz- und Energiewirtschaft als tatsächlich oder vermeintlich kapitalintensive Branchen ist kruder Populismus: Die Energie- und Wasserwirtschaft bringt es gerade mal auf 287.000 Beschäftigte (Tendenz stark sinkend), der Finanzsektor auf eine Million (stagnierend).

Das sind kaum drei Prozent aller Erwerbstätigen. Sieht so ein tragfähiges Solidaritätsmodell aus?

Lesen Sie dazu auch: Gesundheit im Gewand der Gerechtigkeit

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