Bundesrat

Kritik an Klinikreform, grünes Licht für Prävention & Co.

Vier Gesetze auf einen Streich behandelte der Bundesrat: Er zog einen Strich unter das Präventions- und das Versorgungsstärkungsgesetz. Die Klinikreform und das E-Health-Gesetz bleiben auf der Agenda.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Handelten 63 Tagesordnungspunkte, darunter vier Gesundheitsgesetze, vor der Sommerpause ab: Blick in das Bundesratsplenum am vergangenen Freitag.

Handelten 63 Tagesordnungspunkte, darunter vier Gesundheitsgesetze, vor der Sommerpause ab: Blick in das Bundesratsplenum am vergangenen Freitag.

© Wolfgang Kumm/dpa

BERLIN. Der Bundesrat hat vor der Sommerpause grünes Licht für mehrere Gesundheitsgesetze gegeben oder seine Positionen für das weitere Beratungsverfahren festgeklopft.

Uneinig zeigten sich die Länder bei der Krankenhausstrukturreform. Die Hamburger Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) verteidigte die Vorlage gegen Generalkritik.

Die Senatorin war seinerzeit federführend in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, in der Eckpunkte für das Gesetzesvorhaben formuliert worden sind. Prüfer-Storcks bezeichnete die Kritik der Deutschen Krankenhausgesellschaft als nicht nachvollziehbar.

Die DKG hat gewarnt, als Folge des geplanten Gesetzes könne sich die finanzielle Lage der Krankenhäuser verschärfen.

Die Gesundheitssenatorin widersprach: Im kommenden Jahr würden den Kliniken bundesweit 600 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt. Diese Summe werde schrittweise bis zum Jahr 2020 auf 1,7 Milliarden Euro steigen.

Widmann-Mauz reagierte skeptisch

Einig zeigten sich die Länder beim Pflegeförderprogramm. Die finanziellen Mittel würden pro Krankenhaus gerade einmal drei bis vier zusätzliche Stellen finanzieren. Das Programm solle schnelle Entlastungen in den Kliniken bewirken.

Daher müsse sein finanzieller Umfang verdoppelt werden, forderten die Länder mit Mehrheit. Skeptisch reagierte BMG-Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz.

Schon heute könnten viele der ausgeschriebenen Pflegestellen mangels Personal nicht besetzt werden, daher sei der Vorschlag "nicht zielführend".

Die Reform sei kein Spargesetz, stellte BMG-Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz klar und bezeichnete die Kritik von Krankenhausgesellschaften und Ländern als "nicht gerechtfertigt".

"Mehr Geld löst nicht die strukturellen Probleme der Krankenhausversorgung", mahnte sie.

Anderer Meinung mit Blick auf die Betriebskostenfinanzierung zeigte sich Baden-Württembergs Gesundheitsministerin Katrin Altpeter (SPD).

Sie forderte, den Versorgungszuschlag nicht wegfallen zu lassen, sondern dessen bundesweites Volumen von 500 Millionen Euro jährlich in den Landesbasisfallwert zu überführen - eine Mehrheit stimmte zu.

Dagegen scheiterte Baden-Württemberg mit dem Vorstoß, Kliniken der Maximalversorgung einen Systemzuschlag von zehn Prozent auf die Krankenhausentgelte zu gewähren.

Einigkeit bei Krankenhausvergütung

Einig waren sich die Länder wieder darin, bei der Vereinbarung der Krankenhausvergütung solle nicht - wie im Gesetzentwurf vorgesehen - die "Produktivitätsentwicklung" berücksichtigt werden.

Das bedeute im Klartext Stellenabbau, weil in Kliniken die Personalkosten mit 65 Prozent den größten Ausgabenposten darstellen und nur dort "Produktivitätsreserven" erwirtschaftet werden könnten, warnte Landesgesundheitsministerin Altpeter.

Ebenfalls eine Mehrheit der Länder zeigte sich überzeugt, dass Krankenkassen verpflichtet werden müssten, beim Abschluss von Selektivverträgen Einvernehmen mit den zuständigen Landesbehörden herzustellen.

Anderenfalls wären diese Einzelverträge "ein Freibrief für Rosinenpickerei", sagte Altpeter. Für das BMG sagte Widmann-Mauz zu, die Regierung werde die Änderungswünsche prüfen und vor der abschließenden Lesung im Bundestag wieder das Gespräch mit den Ländern suchen. Unterdessen appellierte der Ersatzkassenverband vdek an die Länder, die Reform "nicht weiter zu verwässern".

Die Vorlage biete ohnehin viel zu wenige Anhaltspunkte, um unnötige Operationen zu verhindern, sagte die vdek-Vorstandschefin Ulrike Elsner. Sie befürchtet, das Gesetz könne noch teurer werden als bisher gedacht.

Der vdek bezifferte die Mehrkosten bis zum Jahr 2020 auf acht Milliarden Euro, das BMG hat für den gleichen Zeitraum 5,4 Milliarden Euro angegeben.

Einen Haken machte der Bundesrat unter zwei Gesetze, über die teils mehrere Jahre gestritten wurde. Mit dem Versorgungsstärkungsgesetz werden endgültig Terminservicestellen oder alternative Vermittlungsangebote zur Pflicht für die KVen. In einer Entschließung bedauerte der Bundesrat, dass Ländervertreter bei der Entscheidung über vom Innovationsfonds geförderte Projekte außen vor bleiben.

Der Bund solle eine stärkere Mitwirkung der Länder in einem Gesetz "zeitnah" regeln. Das Gesetz wird mit wenigen Ausnahmen am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.

Präventionsgesetz nahm letzte Hürde

Gleiches gilt für das Präventionsgesetz, das mit dem Bundesrat die letzte parlamentarische Hürde nahm. Auch diese Vorlage wird nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten und der Verkündung zu weiten Teilen sofort wirksam.

An die Ausschüsse hat die Länderkammer das E-Health-Gesetz verwiesen. In seiner Stellungnahme hatte der Gesundheitsausschuss dafür plädiert, die Anwendung von Telemonitoring zu erweitern.

Auch forderte er, die Rechte der Länder in der Telematik zu stärken. Schließlich sprach er sich dafür aus, ein Medikationsplan sollte neben Ärzten auch von Apothekern erstellt werden könnten.

Die Bundesvereinigung der Apothekerverbände (ABDA) begrüßte diese Forderung. Damit seien die Länder näher als der Bund "an der Versorgungswirklichkeit. Sie wissen, dass man einen vollständigen und damit brauchbaren Medikationsplan nur in Zusammenarbeit mit den Apotheken aufstellen kann.

"Schließlich hat der Bundesrat einen Vorstoß Bayerns zur weiteren Beratung an die Ausschüsse verwiesen. Darin setzt sich die Staatsregierung dafür ein, das Streikrecht in den Bereichen der Daseinsvorsorge stärker zu regulieren - dies soll ausdrücklich auch für das Gesundheitswesen gelten.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein entsprechendes Konzept mit den Tarifpartnern zu erarbeiten.

Konkret schlägt Bayern ein verpflichtendes Schlichtungsverfahren vor, das jedem Streik, sofern er einen Bereich der Daseinsvorsorge betrifft, vorgeschaltet werden muss. Außerdem soll eine Ankündigungsfrist für Streiks von vier Tagen gelten.

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