Morbi-RSA

Ersatzkassen drängen auf Reform

Der Verband der Ersatzkassen (vdek) sieht eine Schieflage im Wettbewerb der Krankenkassen. Er ruft nach einer Reform des Morbi-RSA - und will ein AMNOG 2.0.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:

BERLIN. Die Rufe nach einer Reform des Morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA) werden immer lauter.

Noch in diesem Jahr sollten gesetzliche Änderungen an dem Verfahren angestoßen werden, hat die Vorstandsvorsitzende des Verbands der Ersatzkassen (vdek), Ulrike Elsner, am Mittwoch in Berlin gefordert.

Zahlen des vdek zufolge stehen die Ersatzkassen beim Deckungsgrad nach den Morbi-RSA-Kriterien für das Jahr 2014 mit 433 Millionen Euro im Minus, während das AOK-System eine Überdeckung von 888 Millionen Euro aufweise.

"Wir brauchen ein faires Ausgleichsverfahren. Der Gesetzgeber muss handeln", kommentierte die vdek-Chefin dieses Rechnungsergebnis.

Zuvor hatten auch die Verbände der Innungs- und der Betriebskrankenkassen Kritik an dem Verfahren geäußert, das einen finanziellen Ausgleich für die zwischen den Kassenarten unterschiedlich verteilte Morbidität schaffen soll. Beide Kassenarten stehen beim Morbi-RSA im Soll.

vdek sieht Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr

Die Kassenverbände sehen das AOK-System als Nutznießer der 2009 eingeführten Änderungen. Damals schärfte der Gesetzgeber die Zielgenauigkeit des Risikostrukturausgleichs. 80 konkret benannte Krankheiten sollten die Morbidität in das Verfahren einbinden.

In Zeiten steigender Zusatzbeiträge sehen die Ersatzkassen die Wettbewerbsfähigkeit durch den Morbi-RSA in Gefahr. Die Spreizungen seien maßgeblich das Ergebnis einer ungerechten Verteilung der Mittel aus dem Gesundheitsfonds, sagte Elsner.

Auf den Prüfstand müsse die Auswahl der Krankheiten. Die Kassen profitierten von Morbidität, nicht von Prävention. Gleichzeitig fehlten Kodierrichtlinien, was das System manipulationsanfälliger mache.

Als systemfremd erwiesen sich inzwischen zudem die DMP-Zuschläge und die Zuweisungen für Erwerbsminderungsrentner.

Regionale Kostenstrukturen und die Refinanzierung für im Ausland lebende Versicherte führten zu weiteren Verzerrungen, sagte Elsner.

Grundsätzliche Änderungen an den Regeln des Gesundheitsfonds forderte vdek-Verbandsvorsitzender Christian Zahn. Ein Abschmelzen der Liquiditätsreserve des Fonds auf 35 Prozent einer Monatsausgabe würde 2,5 Milliarden Euro freisetzen, was rund 0,2 Beitragssatzpunkte ausmache.

Forderung nach AMNOG 2.0

Eine Weiterentwicklung der frühen Nutzenbewertung, ein "AMNOG 2.0", solle dafür sorgen, dass die Ergebnisse in der Versorgung ankommen. Das lasse sich über eine Anpassung der Praxissoftware erreichen, sagte Elsner.

Im Visier hat der vdek auch die freie Preisbildung im ersten Jahr der Zulassung. Der verhandelte Erstattungsbetrag solle rückwirkend ab Markteinführung gelten. Auch Orphan Drugs sollten sich der Nutzenbewertung unterziehen müssen.

Zum Hintergrund: Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für Ärzneimittel steigen stark an. Von 2013 auf 2014 betrug der Preissprung knapp zehn Prozent auf 33,4 Milliarden Euro.

Für 2015 erwartet der vdek eine Veränderungsrate von plus 4,5 Prozent.

Festbeträge, Rabattverträge, Herstellerabschlag und Preismoratorium sollten daher beibehalten werden, sagte Elsner. Diese Instrumente hätten bewiesen, dass sie die Arzneimittelversorgung für die Solidargemeinschaft bezahlbar hielten.

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie konterte die Forderungen des vdek umgehend. Das AMNOG solle die Versorgung mit Innovationen fördern und keine Kostendämpfung, sagte BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp.

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