Klinikdefizite

In Baden-Württemberg steigt der Druck

Der neue Gesundheitsminister muss sich alten Problemen stellen: Geld vom Bund fordern und die Krankenhausplanung reformieren.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:

STUTTGART. Kaum im Amt, muss sich der neue Landesgesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) zur Krankenhauspolitik positionieren.

Lucha appellierte an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), die in der Krankenhausreform geplanten Verbesserungen bei der Betriebskostenfinanzierung der Kliniken rasch anzugehen. Viele Häuser im Land steckten in den roten Zahlen, weil die Finanzierung "hinten und vorne" nicht reiche, so Lucha.

Der Grünen-Politiker schickte die Warnung hinterher, man werde beim Bund auf weitere Änderungen pochen, falls sich die erhofften finanzielle Entlastungen für Krankenhäuser im Südwesten nicht einstellen.

Für Druck bei der neuen grün-schwarzen Landesregierung sorgen Zahlen, die die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft (BWKG) am Mittwoch veröffentlicht hat. Danach erzielten im vergangenen Jahr knapp 43 Prozent der Kliniken und 44 Prozent der Reha-Einrichtungen im Südwesten ein Defizit.

Zwei Drittel der Häuser gaben in der jüngsten BWKG-Umfrage an, sie könnten im laufenden Jahr kein zusätzliches Pflegepersonal einstellen. Auch das neue Pflegestellen-Förderprogramm werde mutmaßlich wenig Entlastung bringen, weil die Kosten für zusätzliches Personal nur anteilig finanziert werden.

450 Millionen Euro jährlich für Investitionsförderung

Noch im März hatte ein Gutachten der Beratungsgesellschaft Roland Berger den Krankenhäusern im Südwesten eine schwere Zukunft prophezeit.

Die Ursache für die Misere sieht der BWKG-Vorstandsvorsitzende Detlef Piepenburg darin, dass die überdurchschnittlichen Löhne im wirtschaftsstarken Bundesland nicht bei der Festlegung der Krankenhauserlöse berücksichtigt werden.

Das Land, sagte Lucha, wisse "um die große Verantwortung gegenüber den Krankenhäusern" in Baden-Württemberg. Jährlich stünden 450 Millionen Euro für die Investitionsförderung zur Verfügung - rund 30 Prozent mehr als zu Beginn der letzten Legislaturperiode im Jahr 2011.

Etwas Luft verschaffen könnte einigen Krankenhäusern im Südwesten der Krankenhausstrukturfonds, für den 128 Millionen Euro zur Verfügung stehen.

Die Mittel bringen Bund und Land je zur Hälfte auf. Für Irritation sorgte bei Krankenkassen, dass das Sozialministerium die Krankenhäuser um Vorschläge für Förderanträge gebeten hat, ohne irgendwelche inhaltlichen Vorgaben zu machen.

Die Nutzung des Fonds sollte nicht "dem Zufall örtlicher Wünsche überlassen werden", mahnte Hubert Forster, Sprecher der Techniker Kasse im Südwesten.

Die TK plädiert dafür, in die telemedizinische Vernetzung der kleinteiligen Kliniklandschaft zu investieren. Nötig dafür sei ein landesweites Konzept, für das auch die Landeskrankenhausplanung angepasst werden sollte.

"Defizit der Landeskrankenhausplanung"

Stärkere inhaltliche Leitplanken für die Krankenhausplanung: Diese Forderung lässt sich auch aus Bemerkungen von Professor Thomas Clemens ableiten.

Der ehemalige Richter am Bundessozialgericht legte im Januar als Vorsitzender der Schiedsstelle nach Paragraf 18a KHG den Landesbasisfallwert für 2016 fest.

Es könne nicht in Abrede gestellt werden, schreibt der Jurist in seiner Begründung, dass Krankenhäuser im Land "ungeachtet geringer Entfernung voneinander öfters die gleichen speziellen - teure personelle und medizintechnische Ressourcen erfordernden - Leistungen erbringen".

Die Krankenhäuer verhielten sich damit nicht rechtswidrig, stellte Clemens klar. Vielmehr liege "ein Defizit der Landeskrankenhausplanung" vor.

Hier begrenzende Vorgaben zu machen, "obliegt den für die Planung zuständigen Institutionen".

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