Gutachter

Morbi-RSA soll regionale Faktoren aufnehmen

Gutachter sprechen sich dafür aus, regionale Besonderheiten im Finanzausgleich der Kassen stärker zu berücksichtigen. Den Freistaat Bayern würde es freuen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Bayern sieht sich beim jetzt praktizierten Morbi-RSA benachteiligt.

Bayern sieht sich beim jetzt praktizierten Morbi-RSA benachteiligt.

© [M] Alexander Raths / fotolia.com

BERLIN. Die Reformvorschläge für den Finanzausgleich der gesetzlichen Krankenkassen untereinander häufen sich. Am Mittwoch haben Wissenschaftler ein Gutachten zur Neuberechnung des Krankengelds im Morbi-RSA vorgelegt. Jetzt hat das Land Bayern eine stärkere Berücksichtigung der Leistungskraft der Regionen gefordert. "Die Benachteiligungen für die in Hochlohn- und Hochpreisregionen wie Bayern tätigen Krankenkassen und deren Versicherte müssen jetzt endlich abgebaut werden", sagte Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml bei der Vorstellung des Gutachtens "Die Notwendigkeit einer regionalen Komponente im morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich unter wettbewerbspolitischen und regionalen Aspekten" am Donnerstag in Berlin.

Eine Milliarde Euro habe für den Freistaat zwischen 2009 und 2014 der Fehlbetrag zwischen Leistungsausgaben der Kassen und Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds betragen, beklagte Huml. Das gefährde Bestand und Entwicklung der Infrastruktur. Aus dem Gutachten geht ferner hervor, dass die gesamten fiskalischen Effekte des Morbi-RSA auf Bayern zwischen 2009 und 2014 einen Nettoabfluss von 5,5 Milliarden Euro ausgelöst haben.

Professor Volker Ulrich von der Universität Bayreuth bestätigte regionale Effekte des Finanzausgleichs. Der Morbi-RSA, der auf Alter, Geschlecht sowie Erwerbsminderungsrenten der Versicherten abhebt und zudem 80 Krankheiten berücksichtigt, könne diese Verzerrungen nicht ausgleichen. Eine Regionalkomponente könne hier Abhilfe schaffen, sprechen sich die Gutachter für die Einführung einer solchen Komponente aus. Ulrich hat den gesundheitsökonomischen Teil des Gutachtens gemeinsam mit Professor Eberhard Wille erstellt, der stellvertretender Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen ist.

Der Morbi-RSA solle Ausgabenrisiken ausgleichen, die nicht von den Kassen zu beeinflussen seien, betonte Wille. Dazu zählen mögliche Bestandteile einer Regionalkomponente wie der Urbanisierungsgrad, die Zahl nichtwestlicher Immigranten, die Durchschnittseinkommen der Versicherten, die Zahl der Einpersonenhaushalte, eine standardisierte Mortalitätsrate, aber auch die Distanz zum nächsten Krankenhaus. Auf die regional vorgehaltene Infrastruktur im ambulanten und stationären Bereich sowie in der Pflege haben die Kassen ebenso keinen Einfluss, auch nicht auf die regional variierenden Mieten und Konsumentenpreise.

Verfassungsrechtlich würde einer Regionalkomponente im Morbi-RSA nichts entgegenstehen. Dieser Auffassung ist der dritte Gutachter, Professor Georg Thüsing.

Für das Gutachten haben die AOK Bayern, die bayrischen BKKen, die DAK, die Techniker Krankenkasse und die IKK Südwest die Daten ihrer Versicherten zur Verfügung gestellt.In einer ersten Reaktion betonte der AOK-Bundesverband, dass regionale Besonderheiten bereits heute im Morbi-RSA berücksichtigt würden. Dort wo hoher Versorgungsbedarf entstehe flössen auch mehr Zuweisungen. Es müsse zudem zunächst geklärt werden, auf welcher Ebene regionalisiert werden solle, auf der Ebene der Länder, der Regierungsbezirke oder der Landkreise?, heißt es in der Stellungnahme.

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