E-Health / TK wagt den Brückenschlag

Diagnose von Arzt und Künstlicher Intelligenz

Erste Kassen stellen ihren Versicherten Künstliche Intelligenz an die Seite, wenn es um einen ersten Symptom-Check geht. Am Ausbau der Diagnosehelfer wird schon gearbeitet.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Fingerzeig per App. Die Techniker setzt künftig auf den digitalen Symptomcheck von Ada Health.

Fingerzeig per App. Die Techniker setzt künftig auf den digitalen Symptomcheck von Ada Health.

© Bacho Foto /stock.adobe.com

BERLIN. Für die Mehrheit der Menschen in Deutschland sind analoge Gesundheitsinformationen direkt vom Arzt immer noch die wichtigste Informationsquelle, das hat eine Untersuchung der Techniker Krankenkasse (TK) ergeben. Bereits an zweiter Stelle folgt aber das Internet (77 Prozent), dann Freunde und Familie (72 Prozent) sowie die Apotheke (54 Prozent).

Die Antworten auf eine weitere Frage zeigen, dass Dr. Google das Vertrauen der Menschen noch lange nicht gewonnen hat. 95 Prozent antworteten, dass sie eher persönlichen Informationen vertrauen als Gesundheitsinfos aus dem Netz. Mehr als drei Viertel der Befragten fällt es demnach schwer, Quellen im Netz als seriös zu identifizieren.

Die TK will nun zwischen den beiden Welten, Arzt und Netz, eine Brücke schlagen. Die Kasse hat am Mittwoch angekündigt, sofort einen auf Künstlicher Intelligenz beruhenden Symptomcheck einzuführen. In einem zweiten Schritt soll das Werkzeug des Partnerunternehmens Ada Health, kurz Ada, im ersten Quartal des kommenden Jahres in die TK-Doc-App integriert werden.

Diagnose-App in E-Akte einbinden?

Der Vorstandsvorsitzende der größten Krankenkasse in Deutschland, Dr. Jens Baas, denkt jedoch schon weiter. Letztendlich soll der digitale Diagnosehelfer auch in die elektronischen Patientenakten der TK-Versicherten eingebunden werden. Noch stehen dem datenrechtliche Hindernisse entgegen.

Aber: „Daten aus der Akte für Ada freigeben heißt, die Diagnosegenauigkeit erhöhen“, sagte Baas. Er sei überzeugt, dass es in wenigen Jahren als ärztlicher Kunstfehler angesehen werde, Diagnosen zu stellen, ohne ein digitales Expertensystem zu nutzen.

Mit dem Projekt steht die TK nicht alleine. Die Kassen insgesamt bauen weiter an einer digitalisierten Versorgungswelt. Sie versammeln sich hinter mehreren Modellen elektronischer Patientenakten, die den Versicherten ab 2021 zwingend angeboten werden müssen. Neben der TK experimentiert aber auch die AOK-Nordost mit Systemen Künstlicher Intelligenz, um Ärzte bei Diagnosen zu unterstützen.

App-Ergebnis per Videochat mit dem Arzt besprechen

Für die TK-Versicherten soll ab kommendem Jahr demnach vor dem direkten Kontakt zum Arzt ein anonymisierter Symptomcheck ohne Zuspielen von Patientendaten per Ada-App stehen. Wer die Doc-App nutzt, soll direkt zu Ada wechseln können. Bei Ada läuft nach der Eingabe eines Symptoms ein Frage-Antwort-Programm ab.

Mit dem Ergebnis kann der Fragesteller dann in einen Text- oder Video-Chat mit einem echten Arzt aus dem TK-Ärztezentrum einsteigen. Ada gilt als lernendes System, das Erfahrungswerte und Medizinwissen abgleicht.

Das medizinische Wissen verdoppele sich heute alle 3,5 Jahre und werde sich ab 2020 voraussichtlich alle drei Monate verdoppeln, berichtete Professor Jürgen Schäfer vom Zentrum für seltene Erkrankungen in Marburg. Ohne lernende Systeme und Künstliche Intelligenz könnten die Ärzte das vorhandene Wissen nur teilweise nutzen.

Der digitale Wandel müsse allerdings schärfstens beobachtet werden, so Schäfer. Bei der Evaluation von Systemen wie Ada sei die Universitätsmedizin gefordert, sagte der Experte.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Ada-App: Der neue Arzt-Assistent

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