Jeder zweite Hausarzt wurde schon um Suizidhilfe gebeten

BERLIN (fst). Jeder zweite Hausarzt ist von Patienten schon einmal um Hilfe beim Suizid gebeten worden. Unter Klinikärzten gilt dies für 31 Prozent.

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Nach einer repräsentativen Befragung von 527 Ärzten durch das Allensbach-Institut im Auftrag der Bundesärztekammer (BÄK) lehnen es 47 Prozent der Ärzte ab, dass dieser Patientenwunsch für sie verbindlich sein soll, 38 Prozent befürworten diese Verbindlichkeit.

Obwohl 37 Prozent der Ärzte sich grundsätzlich vorstellen können, den Suizid eines Patienten etwa durch das Rezeptieren eines tödlichen Medikaments zu unterstützen, so befürworten doch nur 30 Prozent eine gesetzliche Legalisierung, 62 Prozent sind dagegen, acht Prozent unentschieden. Noch geringer ist in der Ärzteschaft die Zustimmung zur aktiven Sterbehilfe, bei der ein Arzt beispielsweise ein tödliches Medikament selbst verabreicht. 78 Prozent lehnen eine Legalisierung ab, 17 Prozent befürworten sie, 5 Prozent sind unentschieden. Der hippokratische Eid ist unter den Gegnern einer Zulassung aktiver Sterbehilfe mit 29 Prozent das stärkste Argument, am bisherigen Verbot weiter festzuhalten. Zweitstärkstes Argument: 24 Prozent halten die Gefahren eines Missbrauchs dieser Regelung für zu groß.

Die Befragung offenbart, wie fundamental unterschiedlich die Werthaltungen bei Ärzten schon bei der Frage nach einer Legalisierung des ärztlich begleiteten Suizids sind. So sagen nur 30 Prozent der Befürworter einer Legalisierung, Ärzte verstießen damit gegen den hippokratischen Eid. Dagegen behaupten dies 83 Prozent in der Gruppe der Ärzte, die eine gesetzliche Zulassung ablehnen.

Frappierend groß sind auch die unterschiedlichen Werthaltungen zwischen Palliativmedizinern und der Ärzteschaft insgesamt: Knapp ein Drittel aller Ärzte (30 Prozent) tritt dafür ein, den ärztlich begleiteten Suizid zu legalisieren, doch nur jeder zehnte Palliativmediziner (elf Prozent) teilt diese Einschätzung. Noch größer ist die Differenz bei der Frage, ob man selbst aktive Sterbehilfe leisten würde: Nur drei Prozent der Schmerzmediziner kann sich dies vorstellen, in der ganzen Ärzteschaft ist es jeder Vierte.

BÄK-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe kündigte an, man werde die Umfrageergebnisse bei der Neufassung der ärztlichen Grundsätze zur Sterbebegleitung "berücksichtigen". Hoppes Interpretation dürfte nicht ohne Widerspruch bleiben, die Befragung lasse erkennen, "dass noch nicht alle Ärzte ausreichend über die Möglichkeiten der Schmerz- und Symptombehandlung informiert" sind. Tatsächlich deutet sich in der Ärzteschaft ein Paradigmenwechsel in der Haltung zur Sterbehilfe an.

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