Ärztetag warnt

Kommerz gefährdet die Medizin

Eine unheilvolle Allianz aus Kommerz und Medizin - und daraus resultierende Skandale - erschüttern immer wieder das Vertrauen in die Ärzteschaft. Dagegen stemmt sich der Deutsche Ärztetag.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Hände hoch in Hannover: Der Ärztetag kritisiert die zunehmende Kommerzialisierung in der Medizin.

Hände hoch in Hannover: Der Ärztetag kritisiert die zunehmende Kommerzialisierung in der Medizin.

© Frank-Michael Preuss

HANNOVER. Während der 116. Deutsche Ärztetag in den Publikumsmedien prominent mit seinem klaren Votum gegen die Bürgerversicherung und für die Erhaltung eines modifizierten dualen Krankenversicherungssystems präsent ist, war die gesundheits- und sozialpolitische Arbeitssitzung der Delegierten ganz überwiegend von den Sorgen bestimmt, die durch die tatsächliche oder gefühlte wachsende Kommerzialisierung der Medizin ausgelöst werden.

Der Freiburger Medizinethiker Professor Giovanni Maio beschwor die Gefahr, dass die zum schonenden Umgang mit knappen Ressourcen an sich auch im Gesundheitswesen notwendige Ökonomie die Medizin und den ärztlichen Auftrag entkernt.

In bestehenden Rahmenbedingungen und Anreizsystemen seien Ärzte nicht davor gefeit, in einem schleichenden Prozess ärztliche Prinzipien - insbesondere ihre Zuwendung zu schwer kranken oder gar unheilbaren Patienten - zugunsten ökonomisch definierter Prozesse und Ziele aufzugeben.

Die besondere Verantwortung der Ärzte gegenüber ihren Patienten werde "zunehmend in Frage gestellt durch wachsende Überregulierung, vor allem auch durch die Kommerzialisierung des Gesundheitswesens", heißt es in dem am Mittwoch mit großer Mehrheit verabschiedeten Leitantrag.

Demotivierende Überbelastung von Ärzten

Der notwendige Raum für Therapiefreiheit und -verantwortung müsse wieder hergestellt werden. Die fortgesetzte Skandalisierung des Berufsstandes erschüttere das Vertrauen der Menschen in die medizinische Versorgung.

Vor allem der GKV-Spitzenverband wurde nachdrücklich aufgefordert, zu einer sachlichen Diskussion mit allen Beteiligten zurückzukehren.

Klare Voten gab der Deutsche Ärztetag zu den in jüngster Zeit politisch und medial diskutierten Skandalen ab: Korruption im Gesundheitswesen soll als Straftatbestand für alle Beteiligten im Strafgesetzbuch ohne spezielle Diskriminierung von Ärzten geahndet werden.

Chefarztverträge sollen vorrangig mit medizinischen Inhalten incentiviert werden - ökonomische Anreize müssen strikt auf ihre Konformität der Berufsordnung geprüft werden.

Mitverantwortlich macht der Ärztetag aber auch politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen: steigende Behandlungszahlen bei Unterfinanzierung in Klinik und Praxis führten zu einer demotivierenden Überbelastung von Ärzten.

Bund und Länder werden aufgefordert, die GKV am Bedarf der Patienten auszurichten und ihren Investitionsverpflichtungen nachzukommen. Arbeitsbedingungen müssten nachhaltig familienfreundlicher gestaltet werden.

Nachdrücklich forderte der Ärztetag eine gesundheitliche Förderung sozial benachteiligter Menschen, die ein stark erhöhtes Risiko für Krankheit und frühen Tod haben.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Zwischen ärztlicher Kunst und Kommerz

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