Medizinstudierende

Keine Zwangsuntersuchung für Sexarbeiterinnen!

Zwangsuntersuchungen, Kondompflicht und eine höhere Altersgrenze für Sexarbeiterinnen hält die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland nicht für zielführend. Stattdessen solle der Zugang zur Krankenversicherung erleichtert werden, schlägt die bvmd anlässlich der Diskussion über ein neues Prostitutionsgesetz vor.

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HOMBURG. Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) setzt sich dafür ein, die Gesundheitsförderung von Sexarbeiterinnen zu unterstützen und Stigmatisierung abzubauen. Ein entsprechendes Positionspapier haben die Medizinstudierenden bei ihrer Versammlung in Homburg am Mittwoch abgestimmt.

Anlass ist der schwarz-rote Koalitionsvertrag, in dem die Parteien angekündigt haben, das Prostitutionsgesetz zu überarbeiten und vor allem Kontrollmöglichkeiten für Sexarbeit gesetzlich zu verbessern. Einen Gesetzentwurf bereitet das Bundesfamilienministerium vor.

Im Gespräch sind etwa eine bundesweite Kondompflicht, das Mindestalter für Sexarbeit von 18 auf 21 Jahre heraufzusetzen, verpflichtende Gesundheitsuntersuchungen für Sexarbeiterinnen und die Freier von Zwangsprostituierten zu bestrafen.

Die Medizinstudierenden haben sich nun gegen verpflichtende Gesundheitsuntersuchungen ausgesprochen. Dies steht aus ihrer Sicht dem Recht der körperlichen Unversehrtheit und der informationellen Selbstbestimmung entgegen. Stattdessen fordert die bvmd, eine freiwillige, anonyme und kostenlose Gesundheitsberatung für die Betroffenen.

Finanziert werden könnte dies durch die geplanten Ausgaben für die Pflichtuntersuchungen. Das Geld soll laut bvmd besser in Prävention und Aufklärung investiert werden.

Die Studierenden verweisen darauf, dass man mit freiwilliger Prävention und Aufklärung bei HIV und Aids deutlich niedrigere Neuinfektionszahlen erreicht habe als mit verpflichtenden Untersuchungen.

bvmd gegen Kondompflicht

Auch eine diskutierte Kondompflicht hält die bvmd für kontraproduktiv. Es bestehe die Gefahr, dass eine bundesweite Pflicht nicht entsprechend kontrolliert werden kann. Auch könne die freiwillige Prävention so womöglich unterlaufen werden. Stattdessen schlägt die bvmd vor, Kondome kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Als wichtige Maßnahme nennen die Studierenden, dass Hürden für den Zugang zu einer Krankenversicherung für die Betroffenen abgebaut werden müssen.

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts haben Dreiviertel der Sexarbeiterinnen ausländische Wurzeln und von ihnen sind mehr als die Hälfte nicht krankenversichert.

Zudem spricht sich der bvmd dafür aus, Sexarbeit als freien Beruf nach Artikel 12 I Grundgesetz anzuerkennen.

Höhere Altersgrenze nicht zielführend

Als nicht zielführend erachten die Medizinstudierenden, dass geplant ist, die Altersgrenze für Sexarbeit von 18 auf 21 Jahre anzuheben. Der Grund: So gerieten jüngere Sexarbeiterinnen in die Illegalität und würden infolge dessen von gesundheitlicher Versorgung abgeschnitten.

Auch die Anonymität muss aus Sicht der bvmd unbedingt weiterhin gewährleistet bleiben, damit Angebote zur Prävention und Krankenversorgung von den Betroffenen genutzt werden. Sie lehnt es daher ab, dass Sexarbeiter künftig verpflichtet werden sollen, sich namentlich zu registrieren.

Die Medizinstudierenden fordern auch, Experten der Sexarbeit zu beteiligen, wenn Standards für die Sexarbeit und für die Arbeitsumgebung entwickelt werden. (jvb)

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