Sterbehilfe

Ex-Justizsenator Kusch muss nicht vor Gericht

Der Vorsitzende von "Sterbehilfe Deutschland" muss sich nicht vor Gericht verantworten. Gegen einen Nervenarzt hingegen erhebt das OLG Hamburg Anklage.

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HAMBURG. Das Oberlandesgericht Hamburg erhebt keine Anklage gegen den Vorsitzenden des Vereins Sterbehilfe Deutschland, Roger Kusch. Gegen den ehemaligen Hamburger Justizsenator und einen Nervenarzt war seit Mai 2014 wegen gemeinschaftlichen Totschlags in "mittelbarer Täterschaft" ermittelt worden.

In dem Fall geht es um "Sterbehilfe" für zwei damals 81 und 85 Jahre alte Frauen. Der beteiligte Nervenarzt Dr. S. soll den beiden ein Medikament zur Selbsttötung besorgt haben, das diese am 10. November 2012 eingenommen haben, heißt es einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft. Dabei gingen die Ermittler davon aus, "dass die Angeschuldigten nicht Hilfe zum Sterben leisteten, sondern selbst die Tatherrschaft über die Selbsttötung hatten und die Betroffenen nicht frei von Willensmängeln handelten".

Der Nervenarzt, der für den Verein als Gutachter tätig war, hat die beiden Frauen nach Darstellung der Staatsanwaltschaft gegen ein Entgelt von 2000 Euro begutachtet und erkannt, dass die beiden zu einer freiverantwortlichen Entscheidung in der Lage waren - sie seien "geistig und körperlich rege und sozial gut eingebunden" gewesen, so die Staatsanwaltschaft.

Weiter: "Entgegen seinem Auftrag als Arzt und Gutachter und entgegen den Grundsätzen des Vereins klärte er sie nicht auf, dass ihre Gründe für den Selbsttötungswunsch von der Vereinssatzung nicht erfasst waren und zeigte ihnen weder Alternativen noch Beratungsmöglichkeiten auf." Der Arzt muss sich nun wegen versuchter Tötung auf Verlangen durch Unterlassen vor Gericht verantworten. Weiterer Gegenstand der Anklage soll die Überlassung von Betäubungsmitteln sein.

Unterdessen versucht der Verein Sterbehilfe Deutschland, vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den neuen Paragrafen 217 StGB vorzugehen (Az. 2 BvR 2347/15). Der Bundestag hatte im November 2015 die Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung beschlossen. Der Versuch von Vereinsmitgliedern, eine einstweilige Anordnung gegen das Gesetz zu erreichen, war im Januar in Karlsruhe gescheitert. (fst)

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