Kommentar – Fortpflanzungsmedizin
Durchwursteln als Prinzip
Durchwursteln – das ist seit Jahren die Taktik des Gesetzgebers in der Fortpflanzungsmedizin. Immer wenn höchste Gerichte eine Regelung erzwingen, wie etwa bei der Präimplantationsdiagnostik, wird eine neue Gesetzesinsel geschaffen.
Jetzt liegt der Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums für die Schaffung eines Samenspenderregisters vor. Kurz vor den Wahlen will die Koalition noch das Grundrecht auf Kenntnis der Abstammung klären. Bundesweit leben schätzungsweise 120.000 Menschen, die nach einer Samenspende geboren wurden.
Viele von ihnen kennen bis heute ihren genetischen Vater nicht. Die Bundesärztekammer hat in ihrer Stellungnahme zu Recht ein harsches Urteil gefällt: Der Entwurf vergrößert rechtliche Unsicherheiten und beseitigt bestehende Wertungswidersprüche nicht.
Ein Fortpflanzungsmedizingesetz hat die große Koalition 2013 noch nicht einmal auf ihre Agenda gesetzt – zu komplex, zu umstritten, zu unwägbar wären die politischen Kosten dieses Mammutprojekts. Lieber beruft man sich auf das aus dem Jahr 1990 stammende Embryonenschutzgesetz, das viele Verbote statuiert. Regelungen, wie mit den Folgen der Reproduktionsmedizin praktisch umzugehen ist, müssen dann die Gerichte finden.