Transplantationsregister

Die Selbstverwaltung ist am Zug

Beim seit Jahren geplanten Transplantationsregister will sich der Staat lediglich auf die Aufsicht beschränken. Das geht aus dem Referentenentwurf für das Registergesetz hervor.

Florian StaeckVon Florian Staeck und Anno FrickeAnno Fricke Veröffentlicht:
Übergabe einer Organtransportbox: Daten zum Transplantationsgeschehen werden bislang nicht zentral zusammengeführt.

Übergabe einer Organtransportbox: Daten zum Transplantationsgeschehen werden bislang nicht zentral zusammengeführt.

© Jens Kalaene / dpa

BERLIN. Beim bundesweiten Transplantationsregister setzt die Bundesregierung auf eine reine Selbstverwaltungslösung -  dem Staat soll die Aufsicht bleiben.

Das geht aus dem Referentenentwurf für ein Transplantationsregister-Gesetz hervor, der der "Ärzte Zeitung" vorliegt.

Bislang herrscht in Deutschland im Transplantationswesen ein unkoordinierter Datensalat: Koordinierungsstellen erheben postmortal Daten von Organspendern, die Vermittlungsstelle Daten potenzieller Empfänger. In den bundesweit 47 Transplantationszentren fallen Daten von Empfängern und von Lebendorganspendern an.

Der Gemeinsame Bundesausschuss schließlich registriert Qualitätssicherungsdaten, weitere Daten fallen bei Ärzten an, die Patienten ambulant in der Nachsorge betreuen.

Diese Datenflut soll künftig kanalisiert werden. Dabei sollen, so heißt es ausdrücklich, "bestehende Datenwege genutzt und der Aufbau neuer Datenwege vermieden werden". Die rechtlichen Vorgaben werden ins Transplantationsgesetz (TPG) eingefügt.

Zwei Elemente

Das Register soll zwei Elemente umfassen: Einerseits eine selbstständige Registerstelle, in der die transplantationsmedizinischen Daten erhoben, gespeichert und überprüft werden.

Andererseits eine selbstständige Vertrauensstelle, in der die Daten zuvor pseudonymisiert werden sollen.

Dabei gilt: die Vertrauensstelle erhält keinen Einblick in die medizinischen Daten. Umgekehrt darf die Registerstelle über keine personenbezogenen Daten der Organspender und -empfänger verfügen.

Beide Elemente des Transplantationsregisters müssen räumlich, technisch, organisatorisch und personell getrennt sein und der Kontrolle durch den Bundesdatenschutz-Beauftragten unterliegen.

Den Hauptjob beim Registeraufbau überträgt der Gesetzgeber GKV-Spitzenverband, Bundesärztekammer, Deutscher Krankenhausgesellschaft sowie den Bundesverbänden der Krankenhausträger.

Sie werden gesetzlich beauftragt, einen Vertrag mit "geeigneten Einrichtungen" zu schließen, die das Register errichten und betreiben sollen. Die Verträge müssen vom Bundesgesundheitsministerium genehmigt werden.

Aufgabe dieser sogenannten TPG-Auftraggeber ist es auch, den bundesweit einheitlichen Datensatz zu definieren, der dem Register übermittelt werden soll. Voraussetzung für jede Datenübertragung ist, dass der Organempfänger und der Lebendorganspender schriftlich eingewilligt haben, die nötige Aufklärung muss durch einen Arzt erfolgt sein.

Haben die Akteure der Selbstverwaltung nicht drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes Vertragspartner beauftragt, ist eine Ersatzvornahme durch das Ministerium vorgesehen.

Schrittweiser Aufbau möglich

Ausdrücklich räumt der Entwurf die Möglichkeit ein, die Registerstelle schrittweise aufzubauen - der bislang unterschiedlichen Datenformate wegen.

So könnten im ersten Schritt Koordinierungs-, Vermittlungs- und Bundesausschuss Daten an das Register übermitteln, in einem zweiten Schritt würden Transplantationszentren und in der Nachsorge tätige Ärzte hinzukommen.

Das Ministerium hat für den 28. Januar zu einer Verbändeanhörung eingeladen. Noch im Frühjahr, so das Ziel, soll der Gesetzentwurf dann das Bundeskabinett passieren.

Damit würde eine Hängepartie zu Ende gehen. Denn schon nach dem Bekanntwerden der Manipulationen in mehreren Transplantationszentren versprach der damalige Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr im August 2012, sein Ministerium werde die Diskussion über ein Transplantationsregister "vorantreiben".

2013 hat das BMG dann ein Machbarkeits-Gutachten an das BQS-Institut für Qualität und Patientensicherheit vergeben. Die Wissenschaftler um den heutigen Leiter des IQTiG-Qualitätsinstituts, Dr. Christoph Veit, stellten in der Expertise verschiedene Gestaltungsoptionen für ein Register vor.

Ressort-Chef Hermann Gröhe versprach im Oktober 2014: "Wir werden jetzt Gespräche mit allen Beteiligten aufnehmen, um die Errichtung eines Registers zügig voranzutreiben."

Denn der Gesetzgeber drängte: In einem fraktionsübergreifend verabschiedeten Antrag hat der Bundestag im Juni 2013 gefordert, "eine einheitliche und umfassende Datenerhebung im gesamten Prozessablauf der Transplantationsmedizin" zu schaffen. Diese solle dazu beitragen, eine fundiertere Datenbasis für die "Vermittlung von Organen nach Dringlichkeit und Erfolgsaussicht" zu schaffen.

Denn nach aller Datenharmonisierung und -validierung geht es am Ende insbesondere darum, verbesserte Wartelistenkriterien und Allokationsregeln zu formulieren.

So beklagt etwa die Deutsche Transplantationsgesellschaft (DTG) das Fehlen von Registerdaten - beispielsweise zur Entscheidungsfindung, welchen Patienten eine Transplantation am meisten nützt. Deutschland sei im Hinblick auf die Datenlage "internationales Schlusslicht im Vergleich zu Europa und Nordamerika".

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