Ein Jahr Reform der Pflegeversicherung - Finanzreserve bald aufgebraucht?

BERLIN (hom). Die mittelfristige Finanzplanung für die gesetzliche Pflegeversicherung könnte sich schon bald als Makulatur erweisen. Sollte die Wirtschaftskrise auch 2010 anhalten und die Zahl der Arbeitslosen weiter ansteigen, werde die Reserve der Pflegeversicherung von derzeit 3,8 Milliarden Euro "sehr schnell verfrühstückt sein", sagte der Vorstandsvize des GKV-Spitzenverbands, Klaus-Dieter Voss.

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Daher wachse der Druck auf die Politik, die Pflegeversicherung erneut einer Reform zu unterziehen.

Vor genau einem Jahr, am 1. Juli 2008, hatte die große Koalition die erste Reform der Pflegeversicherung seit deren Bestehen in Kraft gesetzt. Mit dem Umbau war es zu Leistungsverbesserungen insbesondere für an Demenz erkrankte Menschen gekommen. Zudem wurde der Pflegebeitragssatz um 0,25 Prozentpunkte auf 1,95 Prozent und 2,2 Prozent für Kinderlose angehoben.

Laut Voss brachte die Anhebung den gesetzlichen Pflegekassen 2008 einen leichten Überschuss von etwa 630 Millionen Euro. Unter Berücksichtigung der Demografie gerate die Finanzierung der Pflegekassen aber dennoch unter Druck. Bis zum Jahr 2014 werde der derzeitige Pflegebeitragssatz jedenfalls nicht ausreichen, um die Leistungsansprüche der etwa 70 Millionen gesetzlich Pflegeversicherten zu erfüllen, warnte Voss.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hatte sich erst kürzlich dafür ausgesprochen, gesetzliche und private Pflegeversicherung zu einer Bürgerversicherung zusammenzuführen. Schmidt hatte argumentiert, die Einnahmen der gesetzlichen Pflegeversicherung von jährlich 20 Milliarden Euro müssten sofort in die Versorgung fließen. Deshalb könnten keine Rücklagen gebildet werden. Der privaten Pflegeversicherung sei es dagegen wegen der geringeren Risiken möglich, jährlich bis zu 1,5 Milliarden Euro "auf die hohe Kante zu legen". Diese Situation der "ungleichen Risikoverteilung" werde man wohl "auf Dauer nicht hinnehmen können", betonte GKV-Vorstand Voss.

Auch der Chef des Deutschen Pflegeverbands, Rolf Höfert, forderte eine "Reform nach der Pflegereform". Bis 2040 werde die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland von derzeit 2,2 Millionen auf über 3,4 Millionen ansteigen. "Mit dem derzeitigen Beitragssatz wird dieser Anstieg an Leistungsansprüchen sicher nicht zu finanzieren sein", so Höfert.

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