Wartung des Pflege-TÜV: Politik macht Druck

Die Idee ist eigentlich gut: Anhand von Noten sollen Verbraucher ein gutes Heim erkennen. Doch das System weist Mängel auf - deshalb wollen Pflegekassen und Anbieter nachbessern. Der Politik geht das viel zu langsam.

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"Weichgespülte Noten": Pflege-TÜV sorgt weiter für Ärger.

"Weichgespülte Noten": Pflege-TÜV sorgt weiter für Ärger.

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BERLIN (hom). In der schwarz-gelben Koalition wächst die Verärgerung darüber, dass die Nachbesserungsarbeiten am sogenannten Pflege-TÜV für die rund 22 000 stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen in Deutschland nicht recht voran kommen.

"Ich bin stocksauer, was da in der Selbstverwaltung abläuft", sagte der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU), bei den "Rosenthaler Gesprächen" im Haus des AOK-Bundesverbandes in Berlin. Pflegekassen und Pflegeanbieter seien offenbar nicht in der Lage, "offensichtliche Fehler" des Pflege-TÜV auszubügeln.

Legten beide Seiten nicht bis spätestens Ende November ein schlüssiges Konzept vor, wie sie die bei Patienten- und Verbraucherschützern heftig umstrittene Vergabe von Pflegenoten für die Einrichtungen nachbessern wollten, werde die Politik mit einer Ersatzvornahme eingreifen und die Sache selbst in die Hand nehmen. "Wenn keine Einigung gelingt, sind wir Politiker gezwungen, nachzubessern", betonte der CSU-Abgeordnete.

Der Pflege-TÜV sei ein wichtiges Instrument, um Verbraucher bei der Suche nach einem geeigneten Heimplatz oder passenden Pflegedienst zu helfen, sagte der CSU-Politiker. "Das muss nur sinnvoll gestaltet sein." Aus vielen Einzelnoten eine "Mittelnote" zu bilden, mache wenig Sinn, da diese die tatsächliche Qualität der bewerteten Einrichtung nur vernebele.

Der Pflege-TÜV, bei dem die Qualität von Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten mit Hilfe vom MDK mit Schulnoten von eins bis fünf bewertet wird, um Patienten und Angehörigen so ein besseres Bild über die Güte der Einrichtungen zu vermitteln, steht seit Monaten in der Kritik.

Bemängelt wird vor allem, dass die Pflegequalität in der Gesamtnote für die geprüfte Einrichtung nicht hinreichend abgebildet wird, da die Bewertungskriterien nicht richtig zueinander gewichtet seien. Hübsche Bewohnerzimmer, eine imposante Gartenanlage oder bunt layoutete Speisepläne in einem Heim führten dazu, dass schlechte Noten für die Kernbereiche Pflegequalität und Medizinische Versorgung verschleiert würden.

Am Ende erhalte ein Heim eine traumhafte Gesamtnote, obwohl die vom MDK vergebenen Einzelnoten schlecht seien und in der Einrichtung gravierende Versorgungs- und Pflegemängel herrschten. Die Deutsche Hospiz-Stiftung hatte von "weichgespülten" Noten und zu vielen "Kuschelkriterien" gesprochen.

Auch Anbieter und Kassen haben Nachbesserungsbedarf am Pflege-TÜV ausgemacht. Sie verhandeln darüber derzeit miteinander. Die zugesagte Überarbeitung des Pflege-TÜV stehe kurz vor dem Abschluss, hieß es. Gründlichkeit müsse aber vor Schnelligkeit gehen.

Lesen Sie dazu auch: Pflege-TÜV: Politik macht Druck auf Selbstverwaltung

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