Pflege

Vorsorgefonds fällt bei Sachverständigen durch

Der Pflegevorsorgefonds soll für die Koalition das Aushängeschild in puncto Generationengerechtigkeit sein. Doch Kritik kommt von vielen Seiten.

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BERLIN. Der Pflegevorsorgefonds ist bestenfalls weiße Salbe, im schlechtesten Fall behindert das dort gebundene Kapital die Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs.

Auf diese Formel lässt sich die harsche Kritik von Sachverständigen am geplanten Pflegevorsorgefonds bringen. Am Mittwoch hört der Gesundheitsausschuss des Bundestags Experten zum Pflegestärkungsgesetz. Die Kritik an dem Vorhaben ist fast einhellig, speist sich freilich aus ganz unterschiedlichen Motiven.

In den Vorsorgefonds sollen künftig 0,1 Beitragspunkte fließen, das sind ab 2015 jährlich rund 1,21 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die privaten Pflegekassen legen für ihre neun Millionen Versicherten jährlich 1,5 Milliarden Euro als Altersrückstellung zurück.

"Fehlkonzipiert"

Ab dem Jahr 2035 soll das Sondervermögen der gesetzlichen Pflegekassen dann schrittweise aufgelöst werden, um den Beitragsanstieg für die geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge zu bremsen.

Für den Gesundheitsökonomen Professor Heinz Rothgang vom Bremer Zentrum für Sozialpolitik ist dieser "fehlkonzipiert". Je nach Wachstum der Grundlohnsumme kämen bis zum Jahr 2035 ein Vermögensbestand von 23 bis 40 Milliarden Euro zusammen.

Bei einer angenommenen Steigerung der Grundlohnsumme von einem Prozent betrüge die Beitragsreduktion ab dem Jahr 2035 knapp 0,1 Punkte. Und dies bei einem Beitragssatz von dann bis zu vier Prozent. Von einer Vermeidung übermäßiger Beitragssteigerungen "kann daher nicht die Rede sein", schreibt Rothgang.

Mit mehr Geld für den Vorsorgefonds sei es aber nicht getan - im Gegenteil. Denn es gebe nicht nur einen zeitweisen "Belastungsberg" in den Pflegekassen durch die dann gebrechlichen Babyboomer. Vielmehr sei der Vorsorgefonds ausgerechnet "dann leer, wenn die höchste Zahl der Pflegebedürftigen erreicht ist".

Mittels Treuhandverträgen vor Zugriff schützen

Die Rücklage werde sich mangels Eigentumsschutz "als genauso wenig zugriffssicher wie der Gesundheitsfonds oder die Schwankungsreserve in der gesetzlichen Rentenversicherung erweisen", kritisiert der PKV-Verband. Er plädiert - erwartungsgemäß - dafür, die Kapitaldeckung ausschließlich in privater Hand zu organisieren.

Den Arbeitgeberverband BDA treibt die Sicherheit der Fonds-Rücklage um: "Eine bloße Verwaltung durch die Bundesbank reicht nicht aus", heißt es in der Stellungnahme. Vor einem vorzeitigen Zugriff geschützt werden könnte das angesparte Kapital durch Treuhandverträge.

Diese in der betrieblichen Altersvorsorge üblichen Verträge würden verhindern, dass das Kapital mit einer einfachen Gesetzesänderung dem geplanten Verwendungszweck entzogen werden könnte, so der BDA. (fst)

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