Demenz

Experten bangen um Pflegequalität

Demenzkranke sollen vom Pflegestärkungsgesetz besonders profitieren. Sie erhalten damit Zugang zu Pflegeleistungen. Die Sachverständigen bewerten die Reform nicht nur positiv.

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BERLIN. Die Versorgung von Demenzkranken ist lückenhaft. Das belegt eine aktuelle Studie der Wissenschaftler vom Versorgungsatlas des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI).

Sie bemängeln, dass demenzspezifische Diagnostik - wie etwa spezielle Blutuntersuchungen, psychologische Testverfahren, bildgebende Verfahren - bislang zu wenig eingesetzt wird.

Rund 1,5 Millionen Demenzkranke gibt es derzeit, 200.000 neue Patienten kommen jedes Jahr hinzu. Sie gut zu versorgen, ist eine zentrale Herausforderung im Gesundheitswesen. Das Pflegestärkungsgesetz, das 2015 in Kraft treten soll, ist ein erster Schritt dazu.

Der Berufsverband Deutscher Nervenärzte (BVDN) hat an der aktuellen ZI-Studie mitgewirkt. Er mahnt eine bessere Vernetzung von Kliniken, Fach- und Hausarztpraxen sowie Psychotherapeuten an. BVDN-Vorsitzender Dr. Frank Bergmann verweist auf das "strukturierte Versorgungsmodell für neurologische und psychische Erkrankungen".

Dies haben neuropsychiatrische Berufsverbände mit der Kassenärztliche Bundesvereinigung entwickelt, um die Akutversorgung bei Neuerkrankungen zu verbessern.

VdK unzufrieden

Ein wesentlicher Baustein der Pflegereform ist eine flexiblere Kombination von Kurzzeit-, Verhinderungs-, Tages- und Nachtpflege. Die Leistungen sollen ausgebaut werden und erstmals auch Demenzkranke mit einschließen. Viele der Sachverständigen, die am Mittwoch im Gesundheitsausschuss dazu Stellung bezogen, lobten diese Neuregelung.

Ihr Urteil über das gesamte Gesetzesvorhaben aber fiel dennoch zwiespältig aus. Aus Sicht des Sozialverbandes VdK bleibt das Pflegestärkungsgesetz jedenfalls weit hinter den Erwartungen zurück.

Dreh- und Angelpunkt für eine echte Pflegereform sei die Einführung eines umfassenden Pflegebedürftigkeitsbegriffs. Dieser sollte nicht nur körperliche Defizite berücksichtigen, sondern auch seelische und psychische Einschränkungen. "Das würde jenen helfen, die zwar Hilfebedarf haben, aber bisher nicht den Kriterien der Pflegeversicherung entsprechen", sagte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher.

Andreas Westerfellhaus, Präsident des Deutschen Pflegerats (DPR), sieht einerseits, dass niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsleistungen die Lage der Betroffenen verbessern wird.

Andererseits drohe damit, dass originäre Pflegeaufgaben von den professionellen Fachkräften abgekoppelt werden. "Dies blendet Qualitätsstandards für diesen Versorgungsbereich aus", ärgerte er sich.

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen bewertet es in seiner Stellungnahme ähnlich: Aus pflegefachlicher Sicht seien die Entlastungsleistungen konzeptionell stärker von den Betreuungsleistungen abzugrenzen. Dies sei erforderlich, da sich die qualitativen Anforderungen an die Erbringung der jeweiligen Leistungen unterschieden. (wer)

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