Pflegegesetze

Jetzt geht es um Schulung und Beratung

Die neue Definition des Pflegebedürftigkeitsbegriffs ist zu begrüßen - da waren sich die Teilnehmer einer Expertenrunde einig. Doch der Teufel steckt im Detail.

Christoph FuhrVon Christoph Fuhr Veröffentlicht:
Pflegebedürftige müssten besser informiert werden, denn viele wüssten noch nicht, welche neuen Möglichkeiten sie überhaupt haben, betonte BMG-Staatssekretärin Ingrid Fischbach.

Pflegebedürftige müssten besser informiert werden, denn viele wüssten noch nicht, welche neuen Möglichkeiten sie überhaupt haben, betonte BMG-Staatssekretärin Ingrid Fischbach.

© Stephanie Pilick

BERLIN. Der Pflegebedürftigkeitsbegriff ist neu definiert, jetzt muss es um Beratung, Schulung und Transparenz gehen.

"Noch nie ist das Thema Pflege über einen so langen Zeitraum derart intensiv wahrgenommen worden wie heute", sagte Staatssekretärin Ingrid Fischbach aus dem Bundesgesundheitsministerium bei einer Veranstaltung des Hauptstadtkongresses zur Zukunft der Pflege. Jetzt gelte es, sich den neuen Herausforderungen zu stellen.

"Viele Pflegebedürftige wissen noch gar nicht, welche neuen Möglichkeiten sie überhaupt haben", sagte Fischbach. Bei der Expertendiskussion wurde deutlich, dass es mit der Transparenz für die Patienten allein nicht getan ist.

Auch die Gutachter, die mit dem neuen Assessment völlig neue Bewertungsgrundlagen bekommen, müssen professionell geschult werden. Und Zweifel sind angebracht, ob auch die Angehörigen die neuen Bewertungskriterien adäquat nachvollziehen können.

"Was passiert wohl, wenn Angehörige zum Heimleiter gehen und fragen, ob die Mutter jetzt zwei Schwestern bekommt, weil sie in der Pflegeversicherung um zwei Stufen höhergestellt worden ist", fragte Herbert Mauel vom Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa).

Auch Dieter Lang von der Verbraucherzentrale Bundesverband meldete Bedenken an: "Es wird schwer für Verbraucher, die komplexe Materie des Leistungsrechts zu durchschauen und durchzusetzen."

Neue Begutachtungsverfahren

Einig waren sich die Teilnehmer der Diskussion, dass gegen die grundsätzlichen Ideen der Pflegegesetze nichts einzuwenden sei.

Das Konzept, allen Pflegebedürftigen einen gleichberechtigten Zugang zu Pflegeleistungen zu ermöglichen - unabhängig davon, ob sie an körperlichen Beschwerden oder an einer Demenz erkrankt sind, sei ein guter Ansatz, hieß es.

Im Detail ergeben sich aber viele Fragen, die noch ungeklärt sind. Uwe Brucker vom Medizinischen Dienst der Spitzenverbände geht davon aus, dass die Zahl der von den MDKen zu bearbeitenden Begutachtungen in Zukunft deutlich zunehmen wird.

In den neuen Begutachtungsverfahren gebe es eine Fokussierung vor allem auf demenzerkrankte Menschen, das Leistungs- und Vertragsrecht in der Pflege werde sich deshalb mittelfristig in Richtung Gerontopsychiatrie entwickeln müssen.

"Künftige Herausforderungen sind in den Griff zu bekommen"

Brucker mahnte, die Bundesregierung müsse kritisch überprüfen, ob zusätzliche Betreuungskräfte nach Paragraf 87b SGB XI tatsächlich geeignet seien, diesen erweiterten Leistungsbedarf adäquat aufzufangen.

Optimistisch zeigte sich Dr. Birgit Fix vom Deutschen Caritasverband: "Durch eine gute Organisations- und Personalbemessungsplanung sind die künftigen Herausforderungen in den Griff zu bekommen."

Staatssekretärin Fischbach mahnte, die Pflegegesetze dürften keine Eintagsfliege sein. Jetzt gelte es, Arbeitsbedingungen in den Fokus zu rücken.

"Es muss Menschen Spaß machen, in der Pflege zu arbeiten", sagte sie. Ein Thema, das aus ihrer Sicht in der kommenden Legislaturperiode auf der Agenda stehen muss.

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