Baden-Württemberg

Geriatrische Institutsambulanzen sollen Bindeglied werden

In Baden-Württemberg setzt die Landesregierung bei der Versorgung alter Menschen mit Geriatrischen Institutsambulanzen auf eine ergänzende Versorgungsebene.

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STUTTGART. Ambulant, ortsnah, vernetzt: Mit dieser Ausrichtung soll die geriatrische Versorgung in Baden-Württemberg entwickelt werden. Das geht aus dem Geriatriekonzept 2014 hervor, das von Landesgesundheitsministerin Katrin Altpeter (SPD) am Freitag vorgestellt wurde.

Stärker als das Vorgängerkonzept aus dem Jahr 2001 werde darin der Grundsatz "Rehabilitation vor Pflege" betont, so Altpeter.

Zentrales Ziel der geriatrischen Versorgung sei es, alten Menschen ein langes und möglichst selbstständiges Leben zu ermöglichen. Dafür müssen die Betreuungskonzepte von Medizin und Pflege enger als bisher aufeinander abgestimmt werden.

Hochaltrige Menschen über 85 Jahre sind die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe im Südwesten. Der Anteil der über 80-Jährigen wird von gegenwärtig etwa vier auf 8,1 Prozent im Jahr 2030 steigen.

"Koordinationsfunktion" bei Hausärzten

Dabei setzt die Landesregierung auch auf die "stärkere Einbindung der Krankenhäuser in die ambulante Versorgung" - es gelte, sich "präventiv auf einen künftigen Ärztemangel einzustellen". Als eine intermediäre Versorgungsebene gelten in dem Konzept Geriatrische Institutsambulanzen.

Deren Ziel soll es sein, in "besonders komplexen geriatrischen Fällen die haus- und fachärztliche Versorgung zu unterstützen", heißt es in dem Konzept.

Hausärzte und Pflegekräfte hätten in der ambulanten Behandlung bis hin zur Betreuung in Pflegeheimen eine "Koordinationsfunktion". Als sinnvoll wird in dem Konzept das geriatrische Basisassessment bezeichnet, mit dem Risikopatienten in der Regel ab dem 70. Lebensjahr identifiziert werden könnten. Von daher sollte das Basisassessment besonders gefördert werden.

Als wichtig bezeichnet es die Landesregierung, dass die Geriatrie im Rahmen der allgemeinmedizinischen Weiterbildung höher als bisher gewichtet wird. Dies sei nötig, um junge Hausärzte zu motivieren, sich mit dieser Patientenklientel auseinander zu setzen.

Als vorbildlich wird die geriatrische Pflichtfortbildung für Hausärzte gewertet, die an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmen. "Für die übrigen Fachgruppen sind ähnliche Konzepte zu etablieren", heißt es.

"Gemeinsame Verantwortung"

Mächtig auf die Füße getreten ist Altpeter offensichtlich Kassenmanagern bei den Vergütungssätzen für Geriatrische Reha-Einrichtungen. Mehrere der Kliniken hatten zuletzt schließen müssen.

Nun heißt es mahnend im Konzept, die Vertragspartner stünden in "gemeinsamer Verantwortung" dafür, dass "ausreichende Vergütungssätze" vereinbart werden.

"Die Krankenkassen bekennen sich klar zu ihrer Struktur- und Finanzierungsverantwortung in der Geriatrie", erklärte Altpeter. Diese müssten es Reha-Kliniken erlauben, "bei wirtschaftlicher Betriebsführung ihre Leistungen dauerhaft (...) anzubieten".

Die AOK Baden-Württemberg berichtete auf Anfrage der „Ärzte Zeitung“, die Zusage einer besseren Finanzierung hätten die beteiligten Kassen bereits im Jahr 2012 gegeben.

Im Falle der AOK seien die Vergütungssätze mit geriatrischen Reha-Einrichtungen seit dem Jahr 2011 „um insgesamt rund 13 Prozent erhöht worden“, erklärte eine Sprecherin der AOK. Im laufenden Jahr ist eine Erhöhung analog zur Entwicklung der Grundlohnsumme vorgesehen – das sind 2,81 Prozent.

Noch im Februar hat sich die Landesregierung „mit Sorge“ über die wirtschaftliche Situation vieler Reha-Kliniken geäußert. Dabei zitierte sie Aussagen der Landesgemeinschaft Geriatrie, die eine restriktive Praxis der Kostenzusagen durch Krankenkassen monierten.

Zusätzlich merkte die Landesregierung in ihrer Antwort auf die parlamentarische Anfrage der CDU-Fraktion an, dass nur 4,4 Prozent der Rehabilitanden aus der ambulanten Behandlung zur Reha kämen. Dies hänge unter anderem mit dem für Vertragsärzte aufwändigen Antragsverfahren zusammen.

Demgegenüber betont Altpeter im Vorwort zum Geriatriekonzept ausdrücklich die „besondere Bedeutung eines bedarfsgerechten Zugangs zu geriatrischer Rehabilitation“. (fst)

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