Pädiatrie

Wer wird Regisseur bei der Prävention?

Pädiater heben mit Blick auf einen neuen Anlauf für ein Präventionsgesetz die Hand: Sie fordern primärpräventive Inhalte ein. Doch der Paritätische Wohlfahrtsverband sieht die Regie bei der Prävention nicht bei Ärzten.

Von Katrin Berkenkopf Veröffentlicht:
Verletztlich: Pädiater fordern für die Prävention klare Spielregeln.

Verletztlich: Pädiater fordern für die Prävention klare Spielregeln.

© Bernd Libbach / fotolia.com

DÜSSELDORF. Beim Thema Prävention wollen Kinder- und Jugendärzte eine größere Rolle spielen und setzen dabei auf die bessere Vernetzung mit allen Beteiligten.

Mit dem geplanten Präventionsgesetz müsse die Sozialgesetzgebung so erweitert werden, dass auch nach dem Vorschulalter ein lückenloses Angebot für Kinder und Jugendliche bestehe, sagte der Landesverbandsvorsitzende der Kinder- und Jugendärzte in Nordrhein Dr. Thomas Fischbach auf einem Symposium der Ärztekammer Nordrhein.

"Dieses Präventionsangebot muss unbedingt primärpräventive Inhalte haben und der Erfassung für die Entwicklung relevanter gesundheitlicher Risikofaktoren dienen", erläuterte Fischbach.

Als Anknüpfungspunkt für ein erweitertes Konzept der sozialen Prävention wollen die Pädiater weiterhin die Vorsorgeuntersuchungen im Kleinkindalter heranziehen. "Dort haben wir den Zugang", sagte Professor Norbert Wagner, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin.

Mit den Untersuchungen in den ersten beiden Lebensjahren werden über 90 Prozent der Kinder erreicht, bei den Untersuchungen bis ins Vorschulalter immerhin noch über 80 Prozent.

Hausärzte bei Modellen einbeziehen

Ein Hausarzt aus dem Publikum forderte, die Hausarztpraxen bei Präventionsmodellen einzubeziehen, denn viele ältere Kinder und Jugendliche hätten hier ihre Ansprechpartner. Das Podium stimmte zu: Bei aller Diskussion um Prävention ab der Schwangerschaft dürfe man diese Gruppe nicht vergessen.

Eine Vernetzung müsse in einem für alle Seiten verbindlichen Rahmen stattfinden, fordern die Kinderärzte. "Informationswege werden seitens der Jugendhilfe oft nur als Einbahnstraße betrachtet, der Arzt quasi als Zulieferer verstanden", beklagte Fischbach.

Tatsächlich habe er in seiner Praxis einen Blick dafür entwickelt, "wenn etwas nicht stimme" in einer Familie. Es sei aber frustrierend, wenn der Arzt entsprechende Hinweise weitergebe, aber nie erfahre, was daraus geworden ist.

Als Koordinatoren entsprechender Netzwerke sieht Professor Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, die Pädiater nicht. "Dafür sind sie auch zu teuer. Es geht nicht ohne Mediziner, aber es ist nicht notwendig, ihnen die Regie zu geben."

Projektitis statt nachhaltiger Politik

Rosenbrock definiert Prävention als "Beseitigung von Nachteilen durch soziale Ungleichheiten". Dies umzusetzen, sei allerdings nicht nur eine Frage besserer Vernetzung, sondern auch der finanziellen Ressourcen. "Sonst lügt man sich in die Tasche".

Rosenbrock kritisierte eine grassierende "Projektitis" in der Politik, die ein nachhaltiges Vorgehen in der Prävention erschwere. Der Kritik schloss sich Fischbach an.

Mit "KinderZukunftNRW" gebe es in Nordrhein-Westfalen ein Modell zum vorbeugenden Kinderschutz und zur frühen Gesundheitsförderung, das sich in der Evaluierung bewährt habe und nun flächendeckend umgesetzt werden könnte. Stattdessen sehe es so aus, als ob ein neues Projekt aufgesetzt werde. "Projekte sind eben auch ein Markt", sagte er.

"Das Schwierige an der Prävention ist, dass die dahinter stehende Bedrohung immer langfristig ist und es daher nicht einen unmittelbaren Handlungsdruck gibt", sagte Professor Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Für eine wirksame Zusammenarbeit forderte sie in Übereinstimmung mit allen Diskussionsteilnehmern mit Blick auf das anstehende Präventionsgesetz: "Es muss intensiv an der Überwindung der Grenzen zwischen den Sozialsystemen gearbeitet werden."

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