Kongress zur Arbeitssicherheit

Einsatz für eine Welt ohne tödliche Arbeitsunfälle

Deutschland setzt zusammen mit anderen EU-Ländern Standards im Kampf gegen Unfälle am Arbeitsplatz. Die Herausforderung: Wie kann es gelingen, diese Qualität zumindest in Ansätzen auch in Billiglohnländern zu verankern?

Christoph FuhrVon Christoph Fuhr Veröffentlicht:
In Deutschland wurden 2013 mehr als 870.000 Arbeitsunfälle registriert.

In Deutschland wurden 2013 mehr als 870.000 Arbeitsunfälle registriert.

© Halfpoint / fotolia.com

FRANKFURT/MAIN. Das Unfallrisiko am Arbeitsplatz war im vergangenen Jahr in Deutschland so gering wie nie zuvor.

Dr. Joachim Breuer, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, konnte am Montag beim 20. Weltkongress für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit in Frankfurt beeindruckende Zahlen präsentieren.

874.514 meldepflichtige Arbeitsunfälle waren danach im vergangenen Jahr in Deutschland zu verzeichnen. Diese Rate ist in den vergangenen 20 Jahren um die Hälfte gesunken.

455 Unfälle endeten 2013 tödlich - 45 weniger als noch im Jahr vorher. Zum Vergleich: Vor 100 Jahren waren alle 12 Monate noch 10.000 Tote am Arbeitsplatz zu beklagen - bei deutlich weniger Arbeitskräften.

2343 Versicherte starben 2013 als Folge einer Berufskrankheit - wie schon in den Vorjahren waren asbestbedingte Erkrankungen die Haupttodesursache. "Ein weltweites Verbot von Asbest ist seit langem überfällig", mahnte Breuer. Die insgesamt positive Entwicklung für Deutschland sieht er als Ansporn, in Zukunft noch besser zu werden.

Überhaupt nicht optimistisch stimmen hingegen Zahlen, die Guy Rider, Generaldirektor der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) beim Weltkongress nannte. Danach verlieren weltweit jedes Jahr 2,3 Millionen Menschen ihr Leben infolge von arbeitsbedingten Krankheiten und Arbeitsunfällen.

Hinzu kommen Tag für Tag 860.000 Unfälle mit Verletzungsfolgen. Die direkten und indirekten Folgekosten von Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen schätzt die ILO auf 2,8 Billionen Dollar weltweit.

Wie kann es gelingen, die vergleichsweise hohen Standards vieler Industriestaaten im Kampf gegen Arbeitsunfälle auf Länder der Dritten Welt zu transferieren? "Der Arbeitsschutz in einer globalisierten Welt endet nicht an Ländergrenzen", stellte Bundesarbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles in einer Grußrede an die Delegierten klar.

Reiche Staaten stehen in der Pflicht

Sie erinnerte an das verheerende Unglück in einer Textilfabrik in Bangladesch in 2012. Industrieländer müssen aus ihrer Sicht mehr für den Schutz von Arbeitnehmern weltweit tun - insbesondere, wenn sie von schlechten Arbeitsbedingungen in anderen Ländern profitieren. Nahles will die reicheren Staaten und die Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen:

Die Ministerin wies auf Studien hin, die konkret nachgewiesen hätten, dass sich Investition in Prävention rechne. Allen Verantwortlichen müsse klar gemacht werden, dass Arbeitssicherheit in Wirklichkeit Wettbewerbsvorteile bringe. Aber: "Körperliche Unversehrtheit ist keine Frage der Rendite, sondern ein Menschenrecht."

Kosten-Nutzen-Untersuchungen zum Sinn von Prävention gibt es inzwischen viele. Die Studie "Return on Prevention" etwa, die gemeinsam von der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit (ISSA), der Berufsgenossenschaft Energie, Textil, Elektrik, Medienerzeugnisse (BG ETEM) und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) initiiert wurde brachte bemerkenswerte Ergebnisse.

337 Unternehmen in 19 Ländern wurden befragt. Die Kapitalrendite der Investitionen lag bei 2,2 - das heißt, für jeden Euro, der in Prävention investiert wurde, gab es ein Erfolgspotenzial von 2,20 Euro.

Der Kongress mit rund 4000 Experten aus 139 Ländern dauert noch bis Mittwoch. Drei Kernthemen stehen im Fokus: es geht um den Aufbau einer Präventionskultur; um Präventionsstrategien und um die sogenannte "Vision Zero" - eine Welt, in der es keine tödlichen Arbeitsunfälle mehr gibt.

"Sie ist keine weltfremde Idee, sondern durchaus machbar", sagte Dr. Joachim Breuer von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Und dafür gab es von den Delegierten viel Beifall.

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