Fettsteuer

"Nanny-Staat ist der falsche Weg"

Gegen eine Bevormundung der Bürger durch eine Fett- und Zuckersteuer wendet sich der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde.

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BERLIN. Die Forderung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft nach einer speziellen Verbrauchssteuer auf fett- und zuckerhaltige Lebensmittel stößt auf grundsätzliche Bedenken der Nahrungsmittelindustrie.

Die Behauptung, die Strategie der Eigenverantwortung sei "grandios gescheitert", vernachlässige wesentliche Daten. So zeigten die Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchung, dass die Prävalenz für Übergewicht und Adipositas bei deutschen Erstklässlern rückläufig sei, schreibt der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL); der BLL ist der Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft.

Er beruft sich auf die Deutsche Gesellschaft für Ernährung und den Ernährungsbericht 2012, wonach die in Deutschland zur Prävention von Übergewicht auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene durchgeführten Initiativen wie zum Beispiel "InForm" zu dieser Entwicklung beigetragen hätten.

Eine wesentliche Voraussetzung für effektive Adipositasprävention sei das Bewusstsein der Verbraucher, ein gesundes Ess- und Bewegungsverhalten zu praktizieren, schreibt der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde. Wie sich jemand ernähre, solle aber jeder in Eigenverantwortung entscheiden.

"Der Nanny-Staat ist und bleibt der falsche Weg." Wichtig seien allerdings Information und Transparenz. Dem trage die Industrie Rechnung und deklariere die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln.

Verstärkte "Ernährungsbildung" notwendig

Steuern als Korrektiv gegenüber der Konsumentenbeeinflussung durch Werbung seien verfehlt. Werbung sei ein Instrument des Wettbewerbs und ein Grundprinzip der Gesellschaft; sie finde nicht im rechtsfreien Raum statt.

Tabak- und Alkoholsteuern seien kein Vorbild für eine Steuer auf fett- und zuckerhaltige Lebensmittel. Denn Ernährung sei lebenswichtig, Tabak und Alkohol seien hingegen Genussmittel.

Das Beispiel der Alkopopsteuer habe gezeigt, dass eine solche Steuer nicht funktioniere. Zwar werden weniger Alkopops getrunken, dafür habe sich der Konsum zu anderen alkoholischen Getränken verschoben.

Der Hinweis der Deutschen Diabetes-Gesellschaft darauf, dass Adipositas ein Unterschichtenphänomen sei, zeige die sozialpolitische Brisanz.

Gerade diese Schicht wäre von einer Verteuerung durch eine spezielle Verbrauchssteuer besonders betroffen. "Diese sozialen Folgen sehen wir als problematisch und nicht vertretbar an", schreibt der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde.

Bei einer Fett- und Zuckersteuer handele es sich um eine marktlenkende Maßnahme, von der nicht zu erwarten sei, dass sie das Ernährungsverhalten nachhaltig beeinflussen könne. Notwendig sei eine verstärkte "Ernährungsbildung". (HL)

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