Fehlzeiten-Statistik

Gesunde Ärzte, kranke Pfleger

Trotz hoher Belastung sind Ärzte selten krank - anders als etwa Mitarbeiter in der Pflege. Das geht aus einer aktuellen Fehlzeiten-Statistik des Wissenschaftlichen Instituts der Ortskrankenkassen hervor.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

BERLIN. Die Ursachen von Fehlzeiten unterscheiden sich erheblich nach den Berufszweigen. So sind die Fehlzeiten aufgrund von psychischen Belastungen in Callcentern und in der Altenpflege besonders hoch.

Nicht spezialisierte Altenpflegerinnen kamen im Jahr auf 26,7 Fehltage, deutlich darüber liegen nur noch Berufe in der industriellen Gießerei (29,5 Tage) und Arbeiter in der Abfallentsorgung (30,8 Tage).

Das geht aus Daten des Wissenschaftlichen Instituts der Ortskrankenkassen (WIdO) hervor.

Prävention auf Berufe zuschneiden

"Diese Ergebnisse machen deutlich, welchen spezifischen Krankheitsrisiken die Beschäftigten mit ihren jeweiligen beruflichen Situationen ausgesetzt sind.

Präventionsangebote sollen somit immer auf die jeweilige Berufsgruppe bezogen werden, um erfolgreich sein zu können", schlussfolgert der stellvertretende Geschäftsführer des WIdO, Helmut Schröder.

Am unteren Ende der Fehlzeiten liegen Berufe in der Hochschullehre und -forschung mit 3,9 Krankheitstagen im Jahr. Mit sieben Arbeitsunfähigkeitstagen weisen auch Ärzte trotz hoher Belastungen geringe Fehlzeiten auf.

Auf ähnlichem Niveau liegen Berufe in der technischen Forschung und Entwicklung sowie Berufe in der Softwareentwicklung.

Ursachen für die Höhe der Fehlzeiten seien vor allem berufsspezifische Anforderungsprofile, so der Report. In Berufen der Ver- und Entsorgung sowie in der industriellen Gießerei mit körperlich anspruchsvollen Tätigkeiten treten vor allem Muskel-Skelett-Erkrankungen auf.

Auf sie entfallen mehr als ein Viertel der Krankheitstage. Bei Berufen in der Hochschullehre und Forschung sind es nur zehn Prozent. In den dienstleistungsorientierten Berufen seien eher psychische Erkrankungen bestimmend für das Ausmaß der Arbeitsunfähigkeit.

Auffällig seien vor allem Berufe im Dialog-Marketing, zu denen Beschäftigte im Callcenter gehören. Hier geht ein Fünftel der Arbeitsunfähigkeitstage auf psychische Erkrankungen zurück.

Erneut Anstieg seelischer Störungen

Auch Berufe in der Altenpflege seien hohen psychischen Belastungen ausgesetzt. Sie machen 16 Prozent der Arbeitsunfähigkeitstage aus. Beide Berufsgruppen haben mit 26,4 und 26,7 Fehltagen pro Beschäftigten einen generell hohen Krankenstand.

Erneut ist das Ausmaß psychischer Erkrankungen deutlich gestiegen. Nach einer einmaligen Stagnation im Jahr 2013 haben die Fehlzeiten um 9,7 Prozent zu genommen.

Das Problem: Bei psychischen Erkrankungen ist die Arbeitsunfähigkeit je Fall mit 25,2 Tagen mehr als doppelt so lange wie im Durchschnitt aller Krankheitsfälle. (11,9 Tage).

Seit 2003 haben die Fehlzeiten als Folge psychischer Erkrankungen um fast 90 Prozent zugenommen, während sie bei den meisten anderen Krankheiten nur geringfügig stiegen oder nahezu stagnierten.

So ist insgesamt der Krankenstand bei den elf Millionen AOK-versicherten Arbeitnehmern im Jahr 2014 im Vergleich zum Vorjahr mit einem Plus von 0,1 Prozent fast gleich geblieben und liegt bei 5,2 Prozent.

Im Schnitt fehlte jeder Arbeitnehmer, der bei der AOK versichert war, 18,9 Tage.

Analysen des WIdO zeigen, dass die Höhe der Fehltage in Abhängigkeit vom Ausbildungsabschluss variiert. "Bildung scheint ein wesentlicher Einflussfaktor für die Gesundheit zu sein. Besser gebildete Beschäftigte verhalten sich in der Regel gesundheitsbewusster.

Zudem werden ihnen größere Handlungsspielräume und Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt", so Schröder. Das WIdO will im Fehlzeitenreport, der im September erscheint, zielgruppenspezifische Gesundheitsförderungsprogramme vorstellen.

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