Präventionsgesetz

Mehr Spielraum für Betriebsärzte

Kann das Präventionsgesetz helfen, die Betriebsmedizin für die allgemeine Prävention zu öffnen? Die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin sieht Chancen - aber durchaus auch Risiken.

Von Jürgen Stoschek Veröffentlicht:
Betriebsärzte haben nach dem Präventionsgesetz die Möglichkeit, zusätzlich Impfungen durchzuführen.

Betriebsärzte haben nach dem Präventionsgesetz die Möglichkeit, zusätzlich Impfungen durchzuführen.

© goodluz / fotolia.com

MÜNCHEN. Das Präventionsgesetz bietet nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) die Chance, bestehende arbeitsmedizinische Strukturen auch für allgemeine Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung zu nutzen.

Angesichts der guten medizinischen Versorgung sei die Sensibilität für die Notwendigkeit von Impfungen vielfach verloren gegangen, erklärte Professor Stephan Letzel, Vizepräsident der DGAUM, bei der Jahrestagung seiner Gesellschaft in München.

Durch das Präventionsgesetz seien die Sozialversicherungen zu wichtigen Akteuren in der Betrieblichen Gesundheitsförderung geworden. So haben Betriebsärzte jetzt die Möglichkeit, zusätzlich Impfungen durchzuführen, die nicht durch berufliche Faktoren induziert sind, und diese dann mit den Krankenkassen abzurechnen. Wie die Abrechnung konkret erfolgen soll, sei derzeit allerdings noch ungeklärt, räumte Letzel ein.

Das Präventionsgesetz berge für die Arbeitsmedizin allerdings auch einige Risiken, erklärte Letzel. Durch die Möglichkeit, Leistungen direkt mit der GKV abzurechnen, ergeben sich für die Arbeitsmedizin neue Geschäftsfelder.

Bei fest angestellten Betriebsärzten müsse daher geklärt werden, wie diese zusätzlichen Einnahmemöglichkeiten mit den finanziellen Leistungen des Arbeitgebers verrechnet werden sollen. Im ungünstigsten Fall, so Letzel, könnten neue Einnahmequellen durch das Präventionsgesetz sogar dazu führen, dass originäre arbeitsmedizinische Aufgaben vernachlässigt werden.

Auch müsse darauf geachtet werden, dass es nicht zu einer Fehlentwicklung von den Aufgaben des Betriebsarztes im Unternehmen zum "Hausarzt im Unternehmen" kommt, warnte Letzel. Eine solche Konkurrenzsituation zu den niedergelassenen Ärzten würde den Erfolg präventiver und gesundheitsfördernder Maßnahmen gefährden.

Für die Beschäftigten eines Betriebes werde es deshalb künftig wichtig sein, zu erkennen, "in welchem medizinischen System er sich befindet". Auch müsse klar sein, was Pflichtaufgaben des Betriebsarztes und was freiwillige Angebote auf der Grundlage des Präventionsgesetzes - und damit Bestandteil des rein unternehmensfinanzierten Betrieblichen Gesundheitsmanagements - sind, so Letzel.

Da das Präventionsgesetz keine Vorgaben für die PKV enthält, könnte sich daraus eine Ungleichbehandlung von gesetzlich und privat Versicherten in den Betrieben ergeben, meinte Letzel. Unterschiedliche Ansätze in der arbeitsmedizinischen Prävention und Gesundheitsförderung könnten dazu führen, dass der Betriebsfrieden gestört und den Anliegen der Arbeitsmedizin geschadet wird.

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