DMP und IV

Aus zwei mach' eins?

Seit Jahren stocken die IV-Verträge. Das Problem ist bekannt, denn 2008 ist die Anschubfinanzierung ausgelaufen. Jetzt wollen Fachleute das ändern - und liebäugeln mit den DMP.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:
Auch eine Finanzspritze könnte IV-Verträge vielleicht wieder in Schwung bringen.

Auch eine Finanzspritze könnte IV-Verträge vielleicht wieder in Schwung bringen.

© Heino Pattschull / fotolia.com

BERLIN. Die Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen (DGIV) hat eine Zusammenführung der Disease-Management-Programme und der integrierten Versorgung (IV) gefordert.

Die Gesellschaft erhofft sich damit ein Ende der Stagnation bei diesen Versorgungsformen. Rückenwind bekommt die Gesellschaft nun von einem für die DGIV erstellten Gutachten von Professor Eberhard Wille, langjähriger Lehrstuhlinhaber für Volkswirtschaftslehre der Universität Mannheim und stellvertretender Vorsitzender des Sachverständigenrates Gesundheit.

Selbst die Unterschiede, mit denen die integrierten Versorgungsformen über die DMP hinausgehen, stünden einer zielorientierten Verzahnung nicht im Wege, heißt es in dem Gutachten.

Ein Beispiel: IV-Verträge zielten eher auf eine bevölkerungsbezogene, flächendeckende Versorgung. Somit könnten sie in Form eines kombinierten Budgets die Budgetverantwortung insgesamt oder für definierte Teilbereiche übernehmen und damit auch den Sicherstellungsauftrag der KVen einschränken.

DMP hätten hingegen nur ein eingeschränktes Integrationspotenzial: Sie beziehen sich nur auf einzelne chronische Krankheiten, betonte Wille. Daher könnten DMP eine so umfassende Aufgabe wie die IV nicht übernehmen.

Einer Zusammenführung der Programme stehe dieser Unterschied aber nicht im Weg. Weiterer Unterschied: Die DMP schließen die Kassen in der Regel mit den KVen ab. Diese könnten aber an den integrierten Versorgungsformen nicht teilnehmen.

Bei den DMP fordere der Gesetzgeber zudem Schulungen der Leistungserbringer und eine Evaluation durch einen unabhängigen Sachverständigen.

Wille: Kassen müssen wirtschaftliches Risiko eingehen

Doch gerade bei den integrativen Konzepten beziehungsweise Netzen, wie sie die IV ermöglichen, benötige die Versorgungsforschung eine valide Informationsbasis, um deren Effizienz beurteilen zu können, sagte Wille.

Ohnehin gebe es bereits einige Gemeinsamkeiten: Umfangreiche Ärztenetze als integrierte Versorgungsformen, die DMPs als zentrale Elemente enthalten. An beiden Versorgungsformen nähmen Kassen, Ärzte und Versicherte freiwillig teil.

Hintergrund für die Forderung der DGIV: Die 2004 eingeführte Anschubfinanzierung für entsprechende Verträge mit den Kassen ist 2008 ausgelaufen. Seither stagniere diese besondere Versorgungsform, betonte Wille.

Aus Sicht der DGIV ist das Potenzial integrierter Versorgungsformen für die Steigerung der Effizienz und Effektivität jedoch unbestritten. Dennoch habe die Bundesregierung in den vergangenen Jahren die integrierte Versorgung wie Selektivverträge inhaltlich nicht weiter entwickelt.

"Daher liegt der Gedanke nahe, die beiden Versorgungsformen zusammenzuführen", so der Vorsitzende der DGIV Dr. Stefan Spitzer.

Vor allem brauche es für IV-Verträge wieder eine Anschubfinanzierung, forderte Wille. Diese müsse jedoch zeitlich befristet sein. Kostenträger seien bei der IV vorsichtig geworden: Die Hemmnisse für den Abschluss von integrierten Versorgungsformen seien bei den Kassen groß.

Ein Grund dafür seien die bestehenden Regelungen zur Budgetbereinigung. Im Jahr 2010 sei diese nur bei 1,5 Prozent der Verträge erfolgt, im darauf folgenden Jahr bei 2,2 Prozent der Verträge.

Zudem scheuten Kassen auch das wirtschaftliche Risiko. "Doch das müssen sie eingehen", so Wille. Schließlich könne niemand den wirtschaftlichen Erfolg garantieren.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Leider für die Schublade

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