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Medi verdient Geld mit Facharztverträgen

Über Jahre hat der Medi-Verbund in Facharztverträge in Baden-Württemberg investiert. Jetzt beginnt sich das Vorhaben nach eigenen Angaben auszuzahlen. Der Verband arbeitet parallel an weiteren Projekten.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:

STUTTGART. Die Zahl der Facharztverträge des Medi-Verbunds steigt -  und damit nehmen auch mehr Ärzte und Psychotherapeuten an den Selektivverträgen mit der AOK Baden-Württemberg und der Bosch BKK teil.

Im ersten Quartal dieses Jahres sind insgesamt 1485 Ärzte eingeschrieben gewesen, knapp 100 mehr als im ersten Quartal des Vorjahres. Auch die Vergütungssumme hat binnen Jahresfrist um rund drei Millionen auf 23 Millionen Euro im ersten Quartal 2016 zugelegt, geht aus Medi-Unterlagen hervor.

"Gemessen an den laufenden Kosten fangen wir gerade an, mit den Facharztverträgen Geld zu verdienen", sagt Medi-Chef Dr. Werner Baumgärtner im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Krankenkassen, die Facharztverträge auflegen, sollten als Anreiz einen Bonus aus dem Gesundheitsfonds erhalten, fordert er.

Quorum für Urologievertrag erreicht

Jüngstes Kind von Medi und weiteren Partnern ist der Urologie-Vertrag, den Baumgärtner als "strukturell und finanziell attraktiv" charakterisiert.

Die Verhandlungen, berichtet Frank Hofmann, einer der beiden Vorstände der Mediverbund AG, waren im Mai abgeschlossen worden. Das mit den Kassen vereinbarte Beteiligungsquorum von 150 Urologen ist Anfang August weitgehend erreicht worden.

Start des Urologie-Vertrags ist der 1. Oktober - allerdings haben sich einige Software-Anbieter bisher nicht bereit erklärt, die Vertragssoftware bis zu diesem Datum umzusetzen. Aus Sicht von Hofmann zeigt dieser Vorgang, "dass die strategische Entscheidung für die Investition in unser eigenes Softwareunternehmen DocStar richtig war".

Strategisch wichtig auf der Agenda von Medi ist ebenfalls das Vernetzungsprojekt in Heilbronn. Dort erproben zurzeit rund 100 Haus- und Fachärzte, wie die Vernetzung der Praxen in Zukunft funktionieren soll.

"Wir müssen endlich weg vom Faxstandard in den Praxen", fordert Baumgärtner. Bisher können durch das Heilbronner Pilotprojekt rund 500 Arztbriefe pro Monat ersetzt werden -  ein Anfang. Nächster Teilschritt soll ein Online-Kalender sein: "Wir wollen, dass die Fachärzte im Rahmen der Vernetzung elektronisch Termine freigeben, damit die Hausärzte ohne Telefonate Patienten eintragen können", berichtet Baumgärtner.

Dies wäre auch ein praktischer Beitrag zum Bürokratieabbau.

Medikations-Tool vorgesehen

In einem weiteren Schritt ist ein Medikations-Tool vorgesehen, so dass direkt aus der Karteikarte eines Patienten Daten zu seiner Medikation an Kollegen übertragen werden können. Abhängen wird die Zukunft des Projekts auch davon, ob Medi eine Förderung aus dem Innovationsfonds erhält.

Ein entsprechender Antrag ist bereits eingereicht worden. Dann könnte die Zahl der teilnehmenden Praxen von 100 auf rund 250 erhöht werden, berichtet Hofmann. Denn bisher klappt die "Paarbildung" zwischen Haus- und Fachärzten in einigen Fällen aufgrund der begrenzten Zahl der Praxen noch nicht.

Wenn Geld aus dem Innovationsfonds fließt, "könnten wir die am Heilbronner Projekt beteiligten Ärzte auch endlich bezahlen", ergänzt Baumgärtner.

Ein anderes Medi-Projekt gilt der Stärkung der ambulanten Versorgung insgesamt: Mit "Arztpraxen 2020" will der Verband Vertragsärzte ermuntern, neue Wege der Praxisübergabe zu gehen: "Wir verlieren jeden Tag Praxen an die Krankenhäuser. Diesen Trend wollen wir mit unserem Konzept des Freiberufler-MVZ stoppen", erläutert Baumgärtner.

Das Projekt habe bisher eine gute Resonanz gefunden, berichtet Mediverbund-Vorstand Hofmann. 75 Interessenten würden derzeit erwägen, Kooperationen einzugehen. In zwei Fällen betreue Medi bereits Projektmanagementverträge, zudem bestehe Aussicht auf weitere Vereinbarungen.

Gegen KV-Eigeneinrichtungen

Baumgärtner versichert, dass Medi MVZ als Eigeneinrichtungen nicht als Konkurrenz zu bestehenden Praxen aufbauen wolle. Solche Einrichtungen kämen nur dann in Frage, "wenn wir ausdrücklich darum gebeten werden".

Von Eigeneinrichtungen der KV hält der Medi-Chef gar nichts. Diese müssten mit dem Geld aller seiner Kollegen finanziert werden. Doch es sei nicht "unsere Aufgabe, politisch verursachte Versorgungsdefizite zu finanzieren", so Baumgärtner.

Dass Kollegen in Baden-Württemberg überhaupt die Option hätten, ihre Praxen in ein inhabergeführtes MVZ zu überführen, sei den Selektivverträgen zu verdanken, betont er. "Mit Fallwerten von 50 Euro im Quartal braucht man ein solches Projekt erst gar nicht anzugehen", sagt der Medi-Chef.

Wirtschaftlich flankiert wird die (berufs-)politische Arbeit durch die Mediverbund AG. Hier will Medi für seine verschiedenen Produkte "eine einheitliche Vertriebsstrategie schaffen", erläutert Werner Conrad, Co-Vorstand der Mediverbund AG.

Ziel sei es, den Mitgliedern qualifizierte Beratung zu allen Produkten anbieten zu können. Ein Geschäftsfeld ist der Einkauf von Sprechstundenbedarf: Hier verzeichne man 1500 Kunden - bei einem Wachstum von zuletzt 20 Prozent, berichtet Conrad.

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