AOK, Hausärzte und Medi

Neues Werben um Selektivverträge

Weg mit der Refinanzierungsklausel für Hausarztverträge, fordern AOK und Ärzte in Baden-Württemberg. Sie wollen ein Umdenken bei der Versorgung. Die bundesweite Barmer GEK schießt allerdings quer.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:

BERLIN. Die Refinanzierungsklausel für Hausarztverträge (HZV) soll fallen. Das ist eine gemeinsame Forderung der AOK Baden-Württemberg, des Hausärzteverbandes und MEDI an die nächste Regierung.

Gleichzeitig sollten die Kassen verpflichtet sein, Verträge nach Paragraf 73b SGB V anzubieten.

"Versicherten wird der Kassenwettbewerb um bessere Versorgung vorenthalten", sagte der Vorstandschef der AOK Baden-Württemberg, Christopher Hermann, am Dienstag in Berlin.

Die Refinanzierungsklausel verpflichtet Kassen, Hausarztverträge vom Start weg kostenneutral zu gestalten.

Es gebe inzwischen viele Verträge, die daran krankten, dass sie wegen der vorgeschriebenen frühen Refinanzierung nur wenig Spielraum bei den Ärztehonoraren hätten, sagte Dr. Berthold Dietsche, Vorsitzender des Hausärzteverbandes im Südwesten.

4000 Ärzte in Baden-Württemberg sind in HZV eingeschrieben

Die Selektivverträge ohne Refinanzierungsklausel, wie der AOK-Vertrag im Südwesten, machten den Hausarztberuf dagegen attraktiver, bekräftigte Dietsche.

Als Altvertrag muss der Hausarztvertrag der AOK im "Ländle" erst ab Mitte 2014 auf den Finanzierungsprüfstand.

Seit Bekanntwerden des neuen Hausarzt-EBM seien in Baden-Württemberg rund 1000 neue Paragraf-73b-Verträge abgeschlossen worden, nicht nur mit der AOK.

Damit erhöhe sich die Zahl der in die HZV eingeschriebenen Ärzte im Lande auf rund 4000, sagte Dietsche.

Während die EBM-Systematik die "Drei-Minuten-Medizin" fördere, schaffe die HZV auch auf der Honorarseite die Voraussetzungen für längere Arzt-Patienten-Kontakte und eine bessere Koordination mit Fachärzten und Kliniken.

Barmer-Chef gegen Parallelstrukturen

Um die Vernetzung weiter zu treiben, sollte die kommende Regierung den Kassen zusätzlich Facharztverträge vorschreiben, sagte MEDI-Chef Dr. Werner Baumgärtner.

Das Beispiel Baden-Württemberg zeige, dass sich damit die Zahl der nicht von einem Hausarzt ausgelösten Überweisungen verringern lasse. Für Ärzte lägen die Einnahmen höher als die aus dem Kollektivvertrag.

Die Parallelstrukturen in der hausärztlichen Versorgung sind Dr. Christoph Straub dagegen ein Dorn im Auge. Der Chef der Barmer GEK will die hausarztzentrierte Versorgung zurück in die Regelversorgung holen.

"Bis zum heutigen Tag konnten diese Verträge nicht zeigen, dass durch sie Patienten besser versorgt werden", wiederholte Straub am Dienstag bereits früher aufgestellte Behauptungen.

Bahr hält Reform der HZV für möglich

Daniel Bahr (FDP) schließt eine Reform der hausarztzentrierten Versorgung (HZV) nach den Wahlen nicht aus, „Ohne möglichen Koalitionsverhandlungen vorgreifen zu wollen“, räumte der Bundesgesundheitsminister ein, den Paragrafen 73 b SGB V mit dem umstrittenen Absatz 5a gegebenenfalls doch zu ändern.

Im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“ sagte Bahr kürzlich, er könne sich vorstellen, auf die enge wirtschaftliche Abhängigkeit zum Kollektivvertrag zu verzichten.Nicht rütteln will Bahr allerdings daran, dass die Kassen Hausarztverträge auf freiwilliger Basis anbieten können. (eb)

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