EKD-Umfrage

Im Alter sinkt die Angst vor dem Sterben

Die Mehrheit der Deutschen ist sicher: Wird Suizidbeihilfe legalisiert, wächst der Druck auf Menschen, die anderen nicht zur Last fallen wollen.

Christoph FuhrVon Christoph Fuhr Veröffentlicht:

HANNOVER. Sollte es in Deutschland ein Recht auf Beihilfe zur Selbsttötung geben? Die Zahl der Menschen, die das befürworten, ist im vergangenen Jahr offenbar gesunken.

Waren es bei einer Befragung von Infratest dimap im Januar 2014 noch 79 Prozent gewesen, sank diese Zahl bei einer aktuellen Emnid-Umfrage der EKD auf nur noch 63 Prozent.

Der EKD ging es nach eigenen Angaben darum, nach Gründen für die in Umfragen immer wieder deutliche Mehrheit der Befürworter von Sterbehilfe zu erforschen.

Angst vor langem Sterbeprozess

Am stärksten verbreitet sind der Studie zufolge die Angst vor einem langen Sterbeprozess, vor starken Schmerzen oder schwerer Atemnot, und die Sorge, der eigenen Familie zur Last zu fallen.

Die Ängste vor dem eigenen Sterben verringern sich dabei mit zunehmendem Alter: Die mindestens 80-Jährigen tendieren dazu, die meisten Ängste zu verneinen.

Drei von fünf Deutschen sind der Befragung zufolge der festen Überzeugung, dass die Legalisierung ärztlicher Suizidbeihilfe den Druck auf Menschen verstärkt, die ihrer Familie nicht zur Last fallen wollen. Ihre Zahl werde zunehmen, so die Befürchtung.

"Diejenigen, die voraussagen, eine mögliche Legalisierung könne einen Dammbruch zur Folge haben, werden durch diese Werte gestützt", sagte Gerhard Wegner, Leiter des Sozialwissenschaftlichen Instituts (SI) der EKD, bei der Vorstellung der Studie.

Nachdrücklich hatte sich der Rat der EKD in einer Stellungnahme Ende 2014 für ein ausnahmsloses Verbot der organisierten Suizidbeihilfe ausgesprochen, egal ob kommerziell oder nichtkommerziell.

Mehr als 2000 Menschen befragt

Allerdings räumt die Evangelische Kirche auch Freiräume ein: In der persönlichen Beziehung zwischen Arzt und Patient müsse grundsätzlich ein Gewissensspielraum erhalten bleiben. Zu Einzelfällen sollte das Gesetz deswegen wie bisher schweigen, so der Rat.

"Würde man für solche Fälle allgemeine Regeln aufstellen, so hätte dies gravierende Folgen für das ethische Bewusstsein insgesamt, da dadurch der Ausnahmefall zum Regelfall gemacht würde", hieß es in der Begründung.

Die repräsentative Studie war vom SI der Evangelischen Kirche initiiert worden. Emnid hatte im April 2052 Menschen ab 18 Jahren telefonisch befragt.

Mehr zum Thema

Personalie

Bundesverdienstkreuz für Ulf Sibelius

Kritik an „Suizidtourismus“ in den USA

Mehrere US-Bundesstaaten wollen Beihilfe zum Suizid erlauben

Ethische Fragen

Wille oder Wohl des Patienten – was wiegt stärker?

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen