Leben auf der Palliativstation

Ärzte und Pfleger erzählen

Monatelang recherchierte der ZDF-Journalist Michael Albus auf der Palliativstation der Uniklinik Mainz, sprach mit Sterbenden und begleitete Ärzte und Pfleger bei der Arbeit. Sein daraus entstandenes Buch hat er nun vorgestellt.

Von Anne Zegelman Veröffentlicht:
Auf der Palliativstation geht es um Schmerzlinderung, darum, zuzuhören und die Hand zu halten.

Auf der Palliativstation geht es um Schmerzlinderung, darum, zuzuhören und die Hand zu halten.

© ArVis / fotolia.com

MAINZ. "Eine Konsequenz, die sich aus der Würde des Menschen ergibt, ist, dass er würdig sterben kann." Mit diesem Satz leitet der ZDF-Journalist Professor Michael Albus in sein Buch "Alles ist Übergang - Leben auf einer Palliativstation".

Monatelang hat er dafür auf der Palliativstation der Uniklinik Mainz recherchiert, Gespräche mit Sterbenden, ihren Angehörigen, Ärzten und Pflegern geführt.

Herausgekommen ist eine 160 Seiten umfassende Interviewsammlung. Mit drei Patienten spricht Albus über ihr Leben und die Angst vor dem Sterben, über Religion, über die Natur und ihren Kreislauf.

In Gesprächen mit Oberärztin D. Ulrike Reinholz und Stationsärztin Dr. Anna-Lena Wiesmann wird zudem schnell klar, dass zur medizinischen Betreuung auf der Palliativstation viel Fingerspitzengefühl gehört - zum Beispiel bei der drängendsten aller Fragen, wie viel Lebenszeit noch bleibt.

Auf der Terrasse sterben

"Es geht nicht nur darum, welche Medikamente ich verschreibe, sondern mir auch anhöre, was den Menschen durch den Kopf geht", erzählt Oberärztin Dr. Reinholz. Dazu gehört es manchmal auch, einen ungewöhnlichen Wunsch zu erfüllen, wie den einer jungen Frau, die auf der Terrasse der Station sterben wollte.

Das Wort "heilen" sei auf der Palliativstation aus dem medizinischen Vokabular verschwunden, berichtet Reinholz: "Es geht um Linderung und um Aushalten. Wenn man mit dem Anspruch hier her kommt, dass man nur ein guter Arzt ist, wenn man heilt, dann ist die Fachrichtung einfach nicht die richtige."

Aus Sicht des Autors, der bei der Arbeit am Buch von Professor Martin Weber, Leiter der Interdisziplinären Abteilung für Palliativmedizin, unterstützt wurde, kamen Patienten und Personal in bisher erschienenen Büchern zum Thema viel zu kurz.

"Mich hat die Idee fasziniert, nicht über eine Palliativstation, sondern aus einer Palliativstation heraus zu erzählen", sagt Albus, Honorarprofessor für Religionsdidaktik der Medien an der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg.

Ein Politikum

Denn die Innenperspektive ist manchmal ganz anders als vermutet. "Wir lachen sehr viel im Team, die Atmosphäre ist schön und intensiv", schildert Stationsärztin Wiesmann. "Das merken die Patienten auch, und sie fühlen sich wie in eine kleine Familie eingebettet."

Acht Plätze gibt es auf der vor zehn Jahren gegründeten Palliativstation der Mainzer Uniklinik - mitunter zu wenige, sogar von einer Warteliste ist die Rede. Das Thema ist ein Politikum.

"Palliativ ist noch nicht so hervorragend abgebildet, wie es sein müsste", sagt Professor Norbert Pfeiffer, stellvertretender medizinischer Vorstand der Universitätsmedizin Mainz. Gesellschaft, Politik und Kostenträger müssten darüber nachdenken, welchen Stellenwert die Würde am Lebensende haben solle.

Staatssekretär David Langner (SPD) erklärte bei der Vorstellung des Buches in Mainz, er begreife das als Auftrag: "Wichtig ist, dass die Politik die richtigen Rahmenbedingungen schafft" - auch für das Personal, das momentan "fürs Handhalten kein Geld" bekomme, wie Pfeiffer es ausdrückte. Langner sagte, man sei auf dem richtigen Weg.

Die Palliativstationen würden überall im Land ausgebaut, zudem habe man in allen Wahlkreisen den Bedarf ermittelt und dabei festgestellt, dass es mancherorts mehr Plätze als Bedarf gebe. Vor allem die ambulante Palliativversorgung müsse aber definitiv noch ausgebaut werden.

"Alles ist Übergang - Leben auf einer Palliativstation" von Michael Albus ist im Verlag Butzon & Bercker erschienen und kostet 16,95 Euro.

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