Elftes Land im Boot

Palliativ-Charta startet in Berlin

Berlin hat jüngst die Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen unterzeichnet. In der Hauptstadt soll das auch ein Anlass sein, die Probleme der ärztlichen Versorgung in Heimen anzugehen.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Hilfe am Lebensende: Berlin ist der Palliativ-Charta beigetreten.

Hilfe am Lebensende: Berlin ist der Palliativ-Charta beigetreten.

© openlens / fotolia.com

BERLIN. Die Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen wird in der Bundeshauptstadt regional verankert.

Der Berliner Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) unterzeichnete sie gemeinsam mit dem Präsidenten der Berliner Ärztekammer Dr. Günther Jonitz und dem Vorstand des Diakonischen Werks der Region Martin Matz.

Berlin ist nach Angaben von Czaja das elfte Bundesland, in dem die 2010 gestartete Charta verankert wird. Rund 620 Institutionen und fast 2600 Personen haben die Gemeinschaftsinitiative der Bundesärztekammer, der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin und des Deutschen Hospiz- und Palliativverbands schon unterzeichnet.

"In Berlin ist die Charta bisher nicht unterschrieben worden, aber an den Inhalten ist schon viel gearbeitet worden", sagte Czaja. Er verwies auf das Berliner Hospiz- und Palliativkonzept, das im April 2011 bereits zum dritten Mal beschlossen wurde und auf die "gute gesamtstädtische Infrastruktur".

Mit 25 stationären und 12 ambulanten Hospizdiensten, 82 zugelassenen Ärzten für spezialisierte ambulante Palliativversorgung und 19 angegliederten Leistungserbringern, mehreren stationären Palliativstationen, einer zentralen Anlaufstelle für Hospizarbeit und rund 1300 ehrenamtlichen in der Hospizbewegung sieht der Senator Berlin gut aufgestellt.

Probleme beobachtet Czaja jedoch bei der Krankenhausentlassung. Entlassungen am Freitagnachmittag, Rücküberweisungen sterbenskranker Menschen ins Pflegeheim, unvollständige Unterlagen bei neurologischer Reha - diese Probleme sollen nun im Dialogforum mit der Berliner Patientenbeauftragten diskutiert werden.

Jonitz: Höchstmaß an Humanisierung

Es sei aber auch nötig, die palliative Kompetenz in den Pflegeheimen zu stärken, um unnötige Krankenhauseinweisungen zu vermeiden, so der Senator. Als weitere Maßnahmen zur Umsetzung der Charta plant das Land erstmalig ein Hospizforum.

Zudem kündigte Czaja an, dass das Geriatriekonzept der Berliner Ärztekammer Bestandteil des Krankenhausplans für die Hauptstadt werden soll.

Kammerpräsident Jonitz verwies darauf, dass die Umsetzung der Charta ein "Höchstmaß an Humanisierung" in einem auf Industrialisierung ausgerichteten Gesundheitssystem erfordere. Da seien Konflikte programmiert.

"Diese zu lösen, das geht nur gemeinsam", so sein Appell. Er verwies darauf, dass die Berliner Ärzte die Zusatzbezeichnung Palliativmedizin gut annehmen. Rund 130 Ärzte haben sie Jonitz zufolge in den vergangenen zwei Jahren erworben.

Aus Sicht der Pflegeheime forderte Matz eine bessere fachärztliche Versorgung für die Bewohner. Er kritisierte, dass zu wenig Fachärzte Heime besuchen. "Einen Pflegebedürftigen in die Sprechstunde eines Facharztes zu bekommen ist sehr schwierig", sagte er.

Diese Kritik unterschrieb auch der Senator: "Die Rettungsstellen sind nicht der Ort, die zu versorgen, die keinen Haus- oder Facharzt gefunden haben. Das ist aber gerade für viele ältere Patienten aus Pflegeheimen die Realität", sagte Czaja. Er hoffe auf die Unterstützung der Ärztekammer, um dieses Problem zu lösen.

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