Demonstration

2000 Ärzte streiken in Hamburg

Hamburger Klinikärzte demonstrierten am Mittwoch vor allem für den Erhalt ihres arztspezifischen Tarifvertrags.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Am Mittwoch demonstrierten rund 2000 Klinikärzte auf dem Gänsemarkt in Hamburg.

Am Mittwoch demonstrierten rund 2000 Klinikärzte auf dem Gänsemarkt in Hamburg.

© cben

HAMBURG. Warnstreik in Hamburg. Mit Triller-Pfeifen, Plakaten und Fahnen machten nach Polizeiangaben rund 2000 Krankenhausärztinnen und -Ärzte Hamburgs am Mittwoch auf dem Gänsemarkt im Stadtzentrum Hamburgs ordentlich Lärm und ihrem Ärger Luft.

In weißen Kitteln und orangefarbenen Warnwesten hielten die Demonstrationsteilnehmer Schilder in die Höhe: „Papa, was ist Urlaub?“ hieß es auf ihren Plakaten. „Wir kosten Geld – retten Leben“, „Burnout macht Ärzte krank“ und: „Ich liebe meinen Schlaf.“

Zu Streik und Demonstration hatte der Marburger Bund insgesamt rund 3000 Ärzte aus neun Krankenhäusern in Hamburg aufgerufen – aus sieben Asklepios-Häusern, sowie dem Uni-Klinikum Eppendorf (UKE) und dem Universitären Herzzentrum (UHZ). „Wenn ihr es anders wollt, dann kriegt ihr es auch anders!“ rief der Hamburger MB-Vorsitzende Dr. Pedram Emami in Richtung der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA).

Man sei in den Gehaltsforderungen immer maßvoll gewesen. Nun müsse Geld fließen. „Der MB verlangt fünf Prozent mehr Gehalt und – viel wichtiger! – die Möglichkeit, weiter für die Ärzte verhandeln zu können“, erklärt Katharina von der Heyde, Geschäftsführerin des MB Hamburg.

Einigkeit mit Verdi, VKA sperrt sich

Diese Möglichkeit steht nach Ansicht des MB auf der Kippe. Denn laut Tarifeinheitsgesetz von 2015 kann ein Gericht auf Antrag bestimmen, dass an einem Krankenhaus ein Mehrheitstarifvertrag angewendet wird. Da die meisten Angestellten von Krankenhäusern aber Pflegende sind und die Ärztinnen und Ärzte als MB-Mitglieder in der Minderheit, würde dann für die Mediziner nicht mehr der Vertrag gelten, den der MB verhandelt hat, sondern der Vertrag der Gewerkschaft, die die meisten Mitglieder vertritt, im Regelfall wäre das Verdi.

Das will der MB verhindern. Und das wäre auch möglich, weil es die Verfassungsrichter nach einer Klage unter anderem des MB erlaubten, dass die Verdrängungswirkung eines Mehrheitstarifvertrages per Vereinbarung ausgeschlossen werden kann. „Mit Verdi sind wir uns in dieser Hinsicht einig. Aber die VKA sperrt sich“, sagt von der Heyde der „Ärzte Zeitung“.

Akut wurde das Problem auch in Hamburg, nachdem sich kürzlich der Krankenhaus-Arbeitgeberverband Hamburg (KAH), mit dem der MB bisher verhandelte, der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg (AVH) angeschlossen hat, die ihrerseits Mitglied in der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände(VKA) ist. „Damit unterliegen die Hamburger Häuser nun der Tarifbindung der VKA“, so von der Heyde.

Ein Übergangstarifvertrag sichert die vom Hamburger MB verhandelten guten Arbeitsbedingungen für die Klinikärzte in der Hansesatdt bis 2021. Der Hamburger MB und die Ärzte an der Elbe kämpfen nun dafür, dass sowohl dieser Überleitungstarifvertrag als auch der mit der VKA geschlossene arztspezifische Tarifvertrag des MB nicht einem Mehrheitstarifvertrag zum Opfer fällt und der MB seine Mitglieder auch an der Elbe weiter vertreten und für sie verhandeln kann.

Überleitungstarif in Hamburg

Die Dinge in Hamburg liegen also etwas anders. „Die Forderungen zum Beispiel zu den Arbeitszeiten und den freien Wochenenden, die der MB auf Bundesebene erhebt, haben wir in Hamburg bereits in unserem Überleitungstarifvertrag eingelöst“, sagt von der Heyde. Auf der Demo stellten sich die Teilnehmer gleichwohl hinter die Forderungen des MB auf Bundesebene.

„Zwei freie Wochenenden im Monat sind nötig, damit Burnout nicht zur Berufskrankheit wird“, sagte Hamburgs MB-Vorsitzender Pedram Emami. „Damit kämpfen wir für etwas, was für andere Arbeitnehmer längst selbstverständlich ist.“Auch Dr. Andreas Botzlar, 2. Vorsitzender des Marburger Bundes, sprach auf dem Hamburger Gänsemarkt.

Er betonte die ärztliche Aufgabe. „Wir sind keine Rädchen in der Gewinnmaximierungs-Maschine“, sagte Botzlar unter dem Beifall der Demonstranten. Warum der VKA unsere Forderungen nicht nachvollziehen kann, ist mir unbegreiflich!“ Doch Botzlar gab sich überzeugt: „Gemeinsam werden wir uns durchsetzen.“

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