Drehtüreffekt

Schwarz-Rot geht Leistungslücken an

Nach der Klinik ist oft vor der ambulanten Nachbehandlung und Pflege. Diesen Schritt will Schwarz-Rot gängiger machen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Nur schnell raus aus der Klinik? Oft erfahren Pflegedienste und mitbehandelte Ärzte weniger als 24 Stunden vorher von der Entlassung eines Patienten.

Nur schnell raus aus der Klinik? Oft erfahren Pflegedienste und mitbehandelte Ärzte weniger als 24 Stunden vorher von der Entlassung eines Patienten.

© Peter Atkins / fotolia.com

BERLIN. Wenn Patienten nach einem Krankenhausaufenthalt Pflege benötigen, knirscht es nach wie vor gewaltig.

"Schnell, kurz und mit großen Informationsdefiziten." Auf diesen Nenner brachte Andreas Westerfellhaus, der Präsident des Deutschen Pflegerates, gegenüber der "Ärzte Zeitung" die Realität der Übergabe von Patienten vom stationären in den ambulanten Sektor.

Beim 7. Nationalen Qualitätskongress in Berlin kritisierten Fachleute die Praxis ungeplanter Entlassungen. "Es wird wenig, bis nichts organisiert", sagte Johannes Röser von der kirchlichen Initiative "Pflege im Anschluss" in Baden-Württemberg.

Von 40 Prozent der Entlassungen mit anschließendem Pflegebedarf in den Landkreisen Emmendingen und Breisgau-Hochschwarzwald erführen die Dienste weniger als 24 Stunden vorher. "Das hat sich über die Jahre nicht geändert", bedauerte Röser.

In der Politik stößt die andauernde Kritik auf Resonanz. Union und SPD sprechen in ihrem Koalitionsvertrag von "Leistungslücken beim Übergang vom stationären in den ambulanten Versorgungsbereich". Schon mit dem Versorgungsstrukturgesetz wurde das Entlassungsmanagement als Teil der Behandlung im Krankenhaus definiert.

In den Kliniken sind die Probleme erkannt. Verbesserungen sind auf dem Weg, aber bei weitem noch nicht flächendeckend umgesetzt. Auch dies wurde beim Qualitätskongress deutlich.

Außer der Implementierung von Routinen beim Entlassungsmanagement - zum Beispiel bei der Mitgabe von Schmerzmitteln ins Wochenende - fehle es häufig auch am Kontakt von Chefärzten und zuweisenden niedergelassenen Ärzten oder auch an gemeinsamen Fortbildungen von stationären und ambulanten Pflegekräften, hieß es.

Blutige Entlassungen sind nicht belegbar

Es gebe Schnittstellenprobleme, sagte Regina Feldmann, Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), der "Ärzte Zeitung". "Die im schwarz-roten Koalitionsvertrag genannten Punkte weisen in die richtige Richtung, letztendlich wird es auf die konkrete Ausgestaltung der Ansätze ankommen", sagte Feldmann.

Dabei handelt es sich um neue Koordinationsaufgaben für die Krankenkassen, die Möglichkeit für Krankenhäuser ambulante Leistungen zu verordnen und den Einsatz von mehr Kommunikations- und Informationstechnologien.

Auf die Konkretisierung dieser Pläne sind die Fachleute gespannt. Eine Kontrolle des Entlassungsmanagements durch die Krankenkassen könne er sich vorstellen, sagte Andreas Westerfellhaus. Bei einer Koordinationsfunktion sei er skeptisch.

Auch die Ärzte sind hellhörig geworden: Dass die KBV einem Datenaustausch zum Beispiel über die elektronische Gesundheitskarte bislang skeptisch gegenübersteht, ist bekannt.

Zu frühe Entlassungen und Entlassungen am Wochenende, auf die der ambulante Sektor nicht vorbereitet sei, gaben Allgemeinärzte und Internisten bei einer Untersuchung des Zentrums für Qualität und Management im Gesundheitswesen der Ärztekammer Niedersachsen aus dem Jahr 2010 am häufigsten als explizites Problem an.

Die mit der Einführung des Fallpauschalensystems und der damit einhergehenden kürzeren Verweildauer der Patienten im Krankenhaus kolportierten "blutigen Entlassungen" scheinen laut der Untersuchung aber nicht belegbar zu sein.

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