Datenbank enthüllt

Damit beschäftigen sich Versorgungsforscher

Wonach forschen Versorgungsforscher in Deutschland? Die Antwort liefert eine Datenbank, die die Themenschwerpunkte der Wissenschaftler offenlegt.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Versorgungsforscher nehmen etwa die Qualität der Versorgung unter die Lupe. Die Projektdatenbank untersucht nun, nach was die Wissenschaftler eigentlich forschen.

Versorgungsforscher nehmen etwa die Qualität der Versorgung unter die Lupe. Die Projektdatenbank untersucht nun, nach was die Wissenschaftler eigentlich forschen.

© imago stock&people

Versorgungsforschung als Mauerblümchen, Deutschland als Brachland der Versorgungsforschung - so oder ähnlich lauten die oft gehörten Einschätzungen. Zu Recht?

Wer die Projektdatenbank "Versorgungsforschung Deutschland" in den Blick nimmt, bekommt einen anderen Eindruck. Die im Internet öffentlich zugängliche Datenbank lässt eine vielfältige Forschungslandschaft erkennen.

Erstellt wurde sie vom Wissenschaftlichen Institut der Techniker Krankenkasse für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen (WINEG) und dem Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR) der Universität Köln.

Als Forschungsgebiet etabliert

Versorgungsforschung ist als fachübergreifendes Forschungsgebiet definiert, das die gesundheitliche Versorgung und ihre Rahmenbedingungen beschreibt und kausal erklärt.

Eines der Ziele der Wissenschaftler besteht darin, die Wirksamkeit von Versorgungsstrukturen und -prozessen unter Alltagsbedingungen zu evaluieren.

Mittlerweile ist die Versorgungsforschung als eigenständiges Forschungsgebiet etabliert, und zwar mit einer Vielzahl von Initiativen sowohl im Hinblick auf die Forschungsförderung und die forschenden Institutionen selbst, sagt Brigitte Grenz-Farenholtz vom WINEG.

Es gebe immer mehr Projekte - "aber keine Möglichkeit, sich an einer Stelle einen Überblick zu verschaffen".

Die Datenbank, die seit Mai 2012 freigeschaltet ist, listet mittlerweile bundesweit 266 Projekte zur Versorgungsforschung auf. Bei der Datengenese war eingangs viel "Handarbeit" gefragt: Forschende Einrichtungen und Wissenschaftler wurden angeschrieben und Fachgesellschaften, die im Deutschen Netzwerk für Versorgungsforschung Mitglieder sind, angesprochen.

Nach und nach wurde so die Datenbank befüllt - und liefert inzwischen ein Spiegelbild der Versorgungsforschung in Deutschland.

Patientenorientierung dominiert

Die Auswertung der Projekte liefert auch ein klares Bild der Themenschwerpunkte: Bei den Forschungsprojekten dominiert mit 143 Erwähnungen klar die Patientenorientierung. "Man kann sagen, die Patientenorientierung ist in der Versorgungsforschung angekommen", kommentiert Grenz-Farenholtz.

Weitere, häufig adressierte Themen sind der Zugang zu und die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen durch Versicherte sowie die Qualität der Versorgung.

Untersucht haben die Initiatoren der Datenbank auch, welche Sektoren der Gesundheitsversorgung Gegenstand von Forschungsprojekten sind. Hier zeigt sich, das nur rund jedes fünfte Forschungsprojekt (61 von 266) sich mit der sektorübergreifenden Versorgung beschäftigt.

Versorgungsforscher haben bisher einen klaren Fokus auf die ambulante Versorgung (127 Projekte), mit weitem Abstand gefolgt von Untersuchungen zum stationären Sektor (74 Projekte).

Von einem "blinden Fleck" in der Forschungslandschaft will WINEG-Mitarbeiterin Grenz-Farenholtz aber nicht sprechen: "Angesichts der Tatsache, dass es bisher in der Praxis sektorenübergreifende Versorgung in der Fläche noch nicht umfassend verankert ist, scheint uns die Zahl nicht so gering", sagt sie.

Von nachgeordneter Bedeutung in der Versorgungsforschung sind bisher Pflegethemen. Jeweils 25 Projekte beschäftigen sich entweder mit dem Fokus auf die stationäre oder ambulante Versorgung mit diesem Thema.

Deutlich stärker repräsentiert in der Forschungslandschaft ist die Rehabilitation, der sich insgesamt 99 Projekte widmen (62 zur stationären, 37 zur ambulanten Reha).

Fokus auf psychische Erkrankungen

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Die Datenbank liefert auch eindeutige Aussagen über die vorrangigen Indikationen, die im Mittelpunkt von Forschungsprojekten stehen.

70 der 286 Vorhaben legen den Fokus auf psychische Erkrankungen, 51 auf Kreislauferkrankungen. Krebs, an dem in Deutschland die meisten Menschen sterben, ist demgegenüber Gegenstand von lediglich 33 Projekten.

Es gibt unter Versorgungsforschern offensichtlich bisher auch "Randthemen" - dazu gehören soziale und regionale Ungleichheiten der Versorgung, die in der Datenbank lediglich in sieben Prozent der Projekte genannt sind.

Dies könne allerdings auch daran liegen, dass bislang nur wenige Projekte aus diesem Themenkreis in der Datenbank erfasst sind.

Die Datenbank erlaubt es zum einen, Forschungslücken zu identifizieren. Zum anderen erlaubt die detaillierte Darstellung der einzelnen Projekte es dem Nutzer auch, "die Qualität der Projekte einzuschätzen und das für sich geeignete ‚Best-Practice-Modell‘ zu finden", erläutert Grenz-Farenholtz.

Sie hofft auf die Eigeninitiative der Forscher, sodass die Datenbank regelmäßig aktualisiert werden kann - damit die Versorgungsforschung als Forschungszweig selbst transparent wird.

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