10-jähriges Jubiläum

IQWiG sorgt für Knatsch

Zehn Jahre nach seinem Start soll das IQWiG neue Aufgaben bekommen: Weg vom Fokus auf einzelne Arzneimittel oder Interventionen auf ganze Indikationen, so Jürgen Windeler. Doch erst einmal muss der Institutschef Streit mit den Trägern schlichten.

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Professor Dr. Jürgen Windeler leitet das IQWiG seit September 2010.

Professor Dr. Jürgen Windeler leitet das IQWiG seit September 2010.

© dpa

KÖLN. Die Nutzenbewertung sollte langfristig weniger einzelne Produkte oder Prozeduren in den Blick nehmen und stattdessen eine stärker indikationsorientierte Ausrichtung bekommen, sagt Professor Jürgen Windeler, der Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit (IQWiG) im Gesundheitswesen.

"Man muss auf Dauer dahin kommen, nicht nur einzelne Arzneimittel oder Medizinprodukte zu bewerten, sondern verschiedene Therapieansätze bei einem bestimmten Krankheitsbild zu vergleichen", erläutert Windeler der "Ärzte Zeitung".

Bei einer Diagnose wie der Knie-Gonarthrose würde es Sinn machen, nicht nur die therapeutische Arthroskopie auf den Prüfstand zu stellen, sondern verschiedene Verfahren gegenüberzustellen. Bis es zu einer solchen Vorgehensweise kommt, wird es zwar noch eine Weile dauern, schätzt er.

Auch Psychotherapie bewerten

Auch so bleibt nach Windelers Einschätzung in den kommenden Jahren genug zu tun. Er wünscht sich als Aufgabe für das Institut die indikationsspezifische Nutzenbewertung von Medizinprodukten und die systematische Überprüfung des gesamten Arzneimittelmarktes.

"Wir müssen zum Beispiel fragen, welche Arzneimittel brauchen wir für die Behandlung von Patienten mit Osteoporose und welche nicht." Auch die Psychotherapie und Heilmittel sollten erfasst werden - möglichst mit Indikationsbezug und übergreifendem Ansatz.

Bei der Bereitstellung von Bürger- und Patienteninformationen setzt Windeler auf die Kooperation mit anderen Einrichtungen. Neben dem IQWiG-eigenen Angebot "Gesundheitsinformation.de" gebe es viele weitere Institutionen.

Alle Anbieter, die sich zur Einhaltung bestimmter Standards verpflichten, sollten bei der Patienteninformation auf Basis ihrer jeweiligen Kompetenz zusammenarbeiten.

Vorbild könnte das englische Portal "NHS Choices" sein. "Es geht darum, möglichst alle Fragen zu beantworten, die Menschen an das Gesundheitssystem stellen könnten."

Dazu könnten auch Fragen gehören wie "Wie stelle ich einen Reha-Antrag?" oder "Was ist der Gemeinsame Bundesausschuss?"

Die Agenda sei anspruchsvoll, aber nicht unrealistisch, findet Windeler. "Wenn man sich die Umwälzungen der vergangenen zehn Jahre anschaut, dann ist es nicht falsch, auch auf Umwälzungen in den kommenden zehn Jahren zu setzen."

Zu seinem Zehn-Jahres-Jubiläum hat das IQWiG eine Broschüre herausgegeben, die bei der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) - einer der Trägerorganisationen - für großen Unmut gesorgt hat.

DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum hat sich in einem Brief an das Bundesgesundheitsministerium und die Träger Kassenärztliche Bundesvereinigung und GKV-Spitzenverband über einzelne Inhalte der Jubiläumsschrift beschwert.

Knatsch um Jubiläumsbroschüre

Baum kritisiert, dass sich IQWiG-Mitarbeiter als non-konformistisch stilisierten und Feindbilder kultivierten. Für "völlig inakzeptabel und politisch instinktlos" hält er es, dass Windeler die von großem Misstrauen begleiteten Anfänge des IQWiG mit der Gründung des Staates Israel vergleicht.

Auch dafür, dass die Broschüre ein Interview mit dem ersten Institutsleiter Professor Peter Sawicki enthält, hat Baum kein Verständnis.

Die DKG will sich ebenso wenig wie die KBV oder der GKV-Spitzenverband zu dem Brief äußern. Dem Vernehmen nach hat Baum eine Sitzung des IQWiG-Stiftungsrates angeregt.

Die Trägerorganisationen der Stiftung sind noch nicht an ihn herangetreten, sagt Windeler. Insgesamt habe das Institut positive und negative Rückmeldungen zur Broschüre bekommen.

Baum sei nicht der einzige, der Anstoß an dem Israel-Vergleich genommen habe. Dabei habe er ausschließlich auf die Begleiterscheinungen bei der Gründung abstellen wollen und nicht auf den Staat Israel und seine Probleme insgesamt.

"Ich kann verstehen, wenn Menschen Anstoß nehmen an Parallelen zu Israel", räumt Windeler ein. (iss)

Die Broschüre im Internet: www.iqwig.de/download/Broschuere_10_Jahre_IQWiG_2004-2014.pdf

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