Psychotherapie

Dürftige Datenlage zur Kostenerstattung

In welchem Umfang Patienten für eine Psychotherapie in Vorleistung gehen, wird nicht mehr statistisch erfasst. Die Grünen werfen der Regierung Desinteresse vor.

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BERLIN. Kassen haben bis Mitte 2013 immer mehr Geld für die Kostenerstattung in Folge einer Psychotherapie aufwenden müssen. Im zweiten Quartal 2013 waren es 15,4 Millionen Euro gezahlt, im gleichen Quartal des Vorjahres noch 10,7 Millionen Euro.

Warum und in welchem Umfang gesetzlich Versicherte auf die Kostenerstattung ausweichen, vermag die Bundesregierung nicht zu sagen. Denn im August 2013 hat das Bundesgesundheitsministerium per Erlass die statistischen Vorgaben geändert.

Seitdem müssen die Kassen Aufwendungen für die Kostenerstattung in der Psychotherapie nicht mehr separat ausweisen, heißt es in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen im Bundestag.

Es habe aus fachlicher Sicht keine Notwendigkeit gegeben, diesen Teilbereich einzeln aufzulisten, erklärt die Parlamentarische Staatssekretärin im BMG, Annette Widmann-Mauz.

Zudem falle der Umfang der Kostenerstattung von 45 Millionen Euro im Jahr 2012 geringfügig aus im Vergleich zum gesamten Volumen ambulanter psychotherapeutischer Leistungen (1,5 Milliarden Euro). Eine erneute statistische Erfassung dieses Postens sei nicht vorgesehen, der dadurch entstehende Verwaltungsaufwand wäre zu hoch, heißt es.

Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, nennt es "völlig unverständlich", dass auf die Erfassung der Daten verzichtet wird. "Offensichtlich ist auch die neue Bundesregierung nicht an der Erfassung der tatsächlichen Lage bei der psychotherapeutischen Versorgung nicht interessiert", sagt sie.

Tatsächlich ist die Datenlage eher dürftig: Dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung lägen "einzelne Beschwerden" von Patienten vor, die mit ihrer Kasse über die Kostenübernahme für die Psychotherapie streiten. Und auch der GKV-Spitzenverband hat keine "belastbaren Erkenntnisse", wie häufig eine Kostenübernahme abgelehnt wird.

Klein-Schmeink verweist darauf, für psychisch erkrankte Menschen stellten die Suche nach einem Therapeutenplatz und die Kostenerstattung hohe Hürden dar. "Das Systemversagen trifft gerade die schwer kranken Menschen, die eine Psychotherapie am dringendsten brauchen".

Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, die Wartezeiten in der psychotherapeutischen Versorgung sollten reduziert und den Betroffenen zeitnahe Angebote für eine Kurzzeittherapie eröffnet werden. Widmann-Mauz kündigte an, der Gemeinsame Bundesausschuss werde den Auftrag erhalten, die Psychotherapie-Richtlinien entsprechend zu überarbeiten.

Klein-Schmeink forderte, das von der Koalition geplante nächste Versorgungsnetz sei der geeignete Rahmen, um Verbesserungen in der psychotherapeutischen Versorgung auf den Weg zu bringen. (fst)

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