Kapazitätsengpässe

18 Monate Wartezeit für Schmerzpatienten

Noch immer existieren Kapazitätsengpässe in der Schmerzmedizin. Die Versorgung ist ineffizient.

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BERLIN. Gut 1000 schmerzmedizinisch tätige Ärzte gibt es in Deutschland. Viel zu wenige, sagen die schmerzmedizinischen Fachgesellschaften.

Sie fordern eine Verdopplung der Zahl der Einrichtungen - und mehr politisches Gewicht für die Schmerzmedizin.

Die Schmerzpatientin Marianne Simon, Gründerin der in Weinheim ansässigen Selbsthilfegruppe für Schmerzpatienten "Schmerz lass nach", kennt die Versorgung von Patienten mit chronischem Schmerz aus der eigenen Erfahrung und aus Gesprächen mit Dutzenden von Patienten: "18 Monate Wartezeit auf einen Termin beim Schmerztherapeuten kommen vor", so Simon.

Dr. Gerhard Müller-Schwefe vom Schmerzzentrum Göppingen widersprach ihr nicht: Von einigen Akutindikationen abgesehen liege die Wartezeit auch bei ihm derzeit bei mindestens einem Jahr.

Für den Präsidenten der Deutschen Schmerzliga, PD Dr. Michael Überall aus Nürnberg, sind solche Wartezeiten nicht nur aus Patientensicht fatal.

Wartezeiten aufgrund von Kapazitätsengpässen sind wahrscheinlich auch ineffizient. Überall ist überzeugt, dass eine frühe, effektive schmerzmedizinische Versorgung dazu beiträgt, unnötige Diagnostik und unwirksame, nicht selten operative Therapien einzusparen. Dazu kommt der volkswirtschaftliche Nutzen, wenn Arbeitsunfähigkeit vermieden wird.

Das derzeit dominierende, an Organsystemen ausgerichtete Versorgungssystem, bei dem der Patient nur noch im Hinblick auf seine Organfunktionen therapiert werde, sieht Überall kritisch: "Dieses System produziert immer mehr chronische Schmerzpatienten."

Derzeit sei von zwölf Millionen Betroffenen in Deutschland auszugehen. Andere Quellen sprechen von bis zu 20 Millionen.

Anlässlich des fünften Jahrestags der Veröffentlichung der "Freiheitserklärung", mit der die Initiative "Wege aus dem Schmerz" im Jahr 2010 für den chronischen Schmerz sensibilisiert hat, forderten Überall und Müller-Schwefe erneut, die schmerzmedizinische Versorgung in die Bedarfsplanung einzubeziehen.

Auch eine bessere Ausgestaltung der schmerzmedizinischen Abrechnungsziffern sei nötig, um jene sprechende Medizin zu ermöglichen, die chronische Schmerzpatienten benötigten.

"Mit 1000 Patienten pro Quartal kann man keine Schmerztherapie machen. Schon 300 bis 400 Patienten sind nur mit Zehn-Stunden-Tagen zu schaffen", so Müller-Schwefe. (gvg)

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