Sachsen-Anhalt

Beunruhigender Trend bei Herzkranken

Eine Analyse der Mortalität und Morbidität von Herzerkrankungen in Sachsen-Anhalt macht beunruhigende Trends sichtbar: Seit dem Jahr 2000 sank die Zahl der Herztoten und Klinikeinweistungen viel weniger stark als andernorts. Woran liegt das?

Von Petra Zieler Veröffentlicht:
Sachsen-Anhalt war 2014 das Bundesland mit der höchsten Sterblichkeit an ischämischen Herzkrankheiten.

Sachsen-Anhalt war 2014 das Bundesland mit der höchsten Sterblichkeit an ischämischen Herzkrankheiten.

© Kzenon / fotolia.com

MAGDEBURG. Immer mehr Sachsen-Anhalter werden wegen eines Herzinfarkts stationär behandelt. Immer weniger starben daran. Im Jahr 2014 waren es landesweit 5779 Menschen, die einer Herzkrankheit erlagen.

Für einen Sonderbericht hat das Statistische Landesamt Mortalitäts- und Morbiditätsdaten von Herzinfarkt und koronarer Herzkrankheit regional verglichen. Bezogen auf jeweils 100.000 Einwohner starben im Jahr 2000 in Sachsen-Anhalt 287 Patienten an einer koronaren Herzkrankheit und 122 an einem Herzinfarkt. Nur Brandenburg (124,2) und Bremen (123,1 je 100.000 Einwohner) hatten noch höhere Werte.

14 Jahre später erlagen diesen Krankheiten 258 (koronare Herzkrankheiten) beziehungsweise 70 Menschen (Herzinfarkt) je 100.000 Einwohner. Deutlich weniger - doch der Rückgang fällt in anderen Bundesländern teils viel stärker aus.

Im Ergebnis ist Sachsen-Anhalt 2014 das Land mit der höchsten Sterblichkeit an ischämischen Herzkrankheiten und liegt mit 64,6 Prozent auch bei Herzinfarkten sehr deutlich über dem Bundesdurchschnitt.

Rückgang nur um sechs Prozent

Auch bei der Zahl der stationären Behandlungen liegt Sachsen-Anhalt weit über den bundesweiten Zahlen. Im Jahr 2014 wurden bundesweit etwa 813 Patienten je 100.000 Einwohner aufgrund von ischämischen Herzkrankheiten versorgt.

Das entsprach im Vergleich zum Jahr 2000 einem Rückgang von rund 25 Prozent. In Sachsen-Anhalt sank die Zahl der stationären Behandlungsfälle im gleichen Zeitraum nur um sechs Prozent.

Zugleich sind die regionalen Unterschiede groß: Während in der Gemeinde Steigra (Saalekreis) 153 Klinikaufnahmen wegen Herzinfarkts (bezogen auf 100.000 Einwohner) registriert worden sind, waren es in der Gemeinde Bornstedt (Landkreis Mansfeld-Südharz) mehr als 1200.

Woher kommen die Unterschiede?

Auch die Sterblichkeit nach Herzinfarkten ist nach Angaben von Michael Reichel, Präsident des Statistischen Landesamtes, regional unterschiedlich. So war in der Gemeinde Hassel im Altmarkkreis Stendal zwischen 2008 bis 2014 nicht ein Todesfall zu beklagen.

Bezogen auf 100.000 Einwohner starben in den Gemeinden Goldbeck und Rochau, ebenfalls Altmarkkreis Stendal, 13 bzw. 18 Menschen, in der Stadt Stößen, Burgenlandkreis, dagegen 255 Einwohner.

In allen untersuchten Jahren lag die Herzinfarktsterblichkeit in Dessau sowie in den Altmarkkreisen Stendal und Salzwedel unter dem Landeswert, im Kreis Anhalt Bitterfeld deutlich darüber. Woraus die großen Unterschiede resultieren, ist bislang nicht bekannt. Reichel: "Beim Durchschnittsalter der Bevölkerung gibt es keine nennenswerten Abweichungen."

Der Gesundheitspolitiker Professor Reinhard Nehring forderte einen offensiven Umgang mit den vorgelegten Daten. "Heute weiß jeder vor Ort, wie die Situation bei Herzkreislauferkrankungen ist. Auf dieser Basis können Landkreise und Gemeinden besser agieren." Wichtig seien sowohl Aufklärung als auch Prävention.

Beim Rauchen und Trinken vorn

Dafür sprechen die Risikofaktoren, die der Chef des Landesamtes offenlegt: In puncto Rauchen, Alkoholkonsum und Übergewicht belege das Land vordere Plätze. Außerdem sei das Durchschnittsalter mit 47,2 Jahren sehr hoch.

"Alles zusammen erhöht die Gefahr, einen Herzinfarkt zu erleiden." Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) will nicht nur die präventiven Ansätze stärker fördern, sie setzt zugleich auf neue Erkenntnisse aus dem Herzinfarktregister des Landes, das vor drei Jahren aufgelegt worden ist. Eine Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern und Statistikern könnte weitere Aufschlüsse bringen.

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