Prävention von Kindesmissbrauch

Frühe Therapie schlägt bei Jugendlichen an

Ein Modellprojekt hilft Jugendlichen, nicht zu Tätern zu werden. In Berlin zogen Verantwortliche ein vielversprechendes Fazit.

Von Christina Bauer Veröffentlicht:
Im PPJ-Projekt erfolgt der Schutz potenzieller Opfer indirekt durch frühzeitige Therapie der Täter.

Im PPJ-Projekt erfolgt der Schutz potenzieller Opfer indirekt durch frühzeitige Therapie der Täter.

© Gina Sanders / Fotolia

BERLIN. Jugendlichen helfen, bevor sie zu Tätern werden: Das ist das Ziel des Projekts "Primäre Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch durch Jugendliche (PPJ)".

Am Dienstag zogen die Verantwortlichen bei einer Pressekonferenz das Fazit der dreijährigen Modellphase. Projektleiter Professor Klaus Beier konstatierte: "Die Erfahrungen zeigen eindeutig, dass eine möglichst frühzeitige therapeutische Behandlung in besonderem Maße geeignet ist, sexuellen Kindesmissbrauch und die Nutzung von Missbrauchsabbildungen zu verhindern."

Baier leitet das Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der Charité-Universitätsmedizin Berlin. Dieses kooperiert für das Projekt mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Vivantes Klinikum in Friedrichshain (Berlin).

Durch PPJ soll sexueller Missbrauch und Kinderpornografie verhindert werden. Der Schutz potenzieller Opfer erfolgt dabei indirekt durch frühzeitige Therapie der Täter. Dieser Aspekt entspricht dem Vorbildprojekt "Kein Täter werden", einem seit 2005 laufenden Angebot für Erwachsene. PPJ nimmt sich nun der Altersgruppe der 12- bis 18-jährigen an. Bei ihnen wird das Thema bisher kaum durch Angebote aufgegriffen. Gibt es eines, wird es aber genutzt. Die Jugendlichen nehmen dafür viel Aufwand auf sich. Wie Beier berichtete, waren einige bereit, regelmäßig aus dem Ausland anzureisen oder ihren Wohnort zu wechseln. "Dies spricht für den großen Leidensdruck und den Mangel entsprechender Therapieangebote", stellte er fest.

Bisher fragten 134 Jugendliche aus ganz Deutschland um eine Therapie an. Abgesehen von direkten Anfragen wurden einige von ihnen über Angehörige, Jugendhilfe oder Psychotherapeuten ans PPJ vermittelt. Bei 65 wurde eine vollständige Diagnostik vorgenommen, ein therapeutisches Angebot bekamen dann 41.

PPJ strebt eine spezifische Selbstregulation der Jugendlichen an, um sexuelle Übergriffe von vornherein zu verhindern. "Sie sollen lernen, Verantwortung für ihre sexuelle Ausrichtung zu übernehmen und ihr Verhalten in möglichen Risikosituationen zu kontrollieren", sagt Tobias Hellenschmidt, leitender Oberarzt an der Abteilung Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Vivantes Klinikum. Wie Beier erklärte, waren die Teilnehmer hoch motiviert. Alle erreichten eine sichere Verhaltenskontrolle.

Konnten Anfragende keine Therapie im Projekt machen, wurden sie an ein geeignetes Alternativangebot vermittelt. Die Verantwortlichen befürworten eine Ausweitung des Projekts auf andere Bundesländer. Dieses wurde gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJ).

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