Ärzte sind Heilkundler, nicht Dienstleister

Privatmedizin kann Ärzten große Chancen bieten - aber nur als Teil ihres heilkundlichen Auftrags. Arztpraxen sollten auf keinen Fall zu Basaren werden.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Die Privatmedizin ist für Praxen ein wichtiges Standbein - Ärzte sollten aber nicht nur aufs Geld sehen.

Die Privatmedizin ist für Praxen ein wichtiges Standbein - Ärzte sollten aber nicht nur aufs Geld sehen.

© suedraumfoto/imago

KÖLN. Beim Angebot privatmedizinischer Leistungen bewegen sich Ärzte auf einem sehr schmalen Grat. "Entscheidend ist, dass es nicht zu einer Veränderung des Leistungsspektrums kommt, in dem der Arzt nicht mehr als Heilkundler agiert, sondern als Dienstleister", sagt Dr. Theodor Windhorst, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, im Vorfeld des 3. Bundeskongresses für Privatmedizin in Köln.

Trennlinie zwischen Arzt und Anbieter, so Windhorst

Für Windhorst ist klar: "Es muss eine klare Trennlinie geben zwischen dem Arzt, der dem Wohl des Patienten verpflichtet ist, und einem kommerziellen Anbieter, dem es um die Maximierung seines Gewinnes geht."

Dr. Theodor Windhorst will eine Einigung über die neue GOÄ, aber nicht um jeden Preis.

Dr. Theodor Windhorst will eine Einigung über die neue GOÄ, aber nicht um jeden Preis.

© Reiner Zensen / imago

Als Teil des heilkundlichen Auftrags könne die Privatmedizin große Chancen bieten, sagt er. "Sie kann dazu beitragen, den Fortschritt in der Medizin schnellstmöglich in der Versorgung zu implementieren." Es dauere nun einmal seine Zeit, bis die wissenschaftlichen Entwicklungen in den einzelnen medizinischen Fachgebieten in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen werden.

"Leistungen zeitnah an Patienten bringen"

Die Regelung des Paragrafen 12 des Sozialgesetzbuches V, dass die Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen, habe ihre Berechtigung. Sie zeige aber auch die Schwierigkeiten auf. "Die GKV ist ein budgetierter Bereich, in dem es nicht die Möglichkeit gibt, alle Leistungen zeitnah an die Patienten zu bringen", sagt er.

Nicht in allen Fällen führten aber Leistungen, für die Patienten selbst bezahlen müssen, tatsächlich zu einer besseren Versorgung. "Die Menschen wollen etwas für sich tun und sind bereit, dafür Geld auszugeben. Das darf nicht zur Abzocke werden."

"Arztpraxen nicht zum Basar machen, in dem Kaufleute Gesundheitsleistungen verkaufen"

Deshalb sei es notwendig, sich bei den individuellen Gesundheitsleistungen an klare Regeln zu halten, wie sie bereits der Deutsche Ärztetag im Jahr 2006 verabschiedet habe.

"Wir dürfen die Arztpraxen nicht zum Basar machen, in dem Kaufleute Gesundheitsleistungen verkaufen", betont Windhorst. Bereiche wie functional food, Wellness-Angebote und Alternativmedizin sieht er deshalb skeptisch. "Das ist ein anderer Markt, davon sollte sich die Ärzteschaft, wenn es eben geht, fernhalten."

Windhorst ist Vorsitzender des Gebührenordnungssausschusses der Bundesärztekammer (BÄK). Daher treibt ihn zurzeit vor allem die anstehende Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte um. Das Bundesgesundheitsministerium erwartet, dass die BÄK und der PKV-Verband sich auf einen Vorschlag für die künftige GOÄ verständigen.

Beide Seiten ausloten

"Es wäre schön, wenn wir das schaffen, aber es ist schwierig." In Gesprächen versuchen beide Seiten jetzt auszuloten, wo ihre Vorschläge für die Gebührenordnung Schnittstellen haben und eine Annäherung möglich ist.

Zehn Eintrittskarten für Kongress zu gewinnen!

"Von der Kassen- zur Privatpraxis" - so lautet das Motto des 3. Bundeskongresses für Privatmedizin am 3. Dezember in Köln. Auf dem Programm stehen Workshops, Diskussionen und Erfahrungsberichte von Ärzten zum Thema Privatmedizin.

So diskutieren Bundestagsmitglied Rolf Koschorrek (CDU), Dr. Wolfgang Reuter von der DKV und Dr. Theodor Windhorst (ÄKWL) über das Thema "Privatmedizin - quo vadis?". Zusätzlich gibt es ein Programm für Medizinische Fachangestellte mit vielen praktischen Tipps.

Der Besuch des Kongresses bringt Ärzten bis zu 7 Fortbildungspunkte. Der Eintritt kostet 139 Euro. Leser der "Ärzte Zeitung", die am Mittwoch die Telefonnummer 0 61 02 / 50 60 anwählen haben zehnmal die Chance, je zwei Eintrittskarten zu gewinnen.

Die ersten zehn Anrufer (Kennwort "Kongress Privatmedizin") kommen zum Zuge.

Versicherer und Ärzte wissen, dass sie unter Zeitdruck stehen. Beide möchten noch in dieser Legislaturperiode die Weichen für die neue GOÄ stellen. Das Thema stehe bei jeder Vorstandssitzung der Bundesärztekammer auf der Tagesordnung, berichtet Windhorst.

Die Ärzteschaft wolle mit der PKV zu einer Einigung kommen - "aber nicht um jeden Preis und nicht unter Aufgabe notwendiger Prämissen". Die BÄK brauche in der Ärzteschaft eine breite Akzeptanz für das Projekt. "Wir können keine Gebührenordnung machen, gegen die große Ärzteverbände Sturm laufen."

Keine Kontrolle der Ärzte sondern Offenlegung der Leistungen

Die Ärzte brauchen endlich eine "Leitwährung", sagt Windhorst. Sie müsse sich an der ärztlichen Leistung orientieren und sich auf eine betriebswirtschaftliche Kalkulationsebene stützen - und nicht an politischen oder Kostenvorgaben orientieren. "Wir müssen mit der Gebührentaxe klarstellen, was wir machen und wie wir es machen."

Auf einer solchen Basis könnten die Ärzte ihren Patienten eine Rechnung stellen, in der die Leistungen nachvollziehbar sind. "Wir brauchen eine transparente Rechnungslegung." Dabei gehe es nicht um die Kontrolle der Ärzte, sondern um die Offenlegung des Leistungsgeschehens.

Mit der neuen GOÄ werde es für eine Rechtsherzkatheter-Untersuchung eine Leistungsziffer geben. Nach der jetzt noch geltenden alten Systematik müsse der Arzt drei Analogziffern eintragen. "Und das bringt uns von der PKV den Vorwurf der Mengendynamik ein."

 

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