Professorengehälter: Signalwirkung für Ärzte?

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Besoldung von Professoren hoffen auch beamtete Ärzte auf mehr Geld.

Von Monika Peichl Veröffentlicht:
Reich werden kann ein Professor der Besoldungsgruppe W2 mit seinem Universitätsgehalt nicht.

Reich werden kann ein Professor der Besoldungsgruppe W2 mit seinem Universitätsgehalt nicht.

© 3desc / fotolia.com

KARLSRUHE. Einen angemessenen Lebensunterhalt? Den verdienen sich Professoren laut Bundesverfassungsgericht (BVerG) nicht.

Ihre Besoldung sei nicht ausreichend, heißt es in einem aktuellen Urteil des BVerG .

Das Urteil gilt zunächst zwar nur für Hessen und betrifft dort das Grundgehalt hessischer Professoren der mittleren Besoldungsgruppe W2, das gerade mal den Bezügen eines Oberstudienrats entspricht.

Dennoch könnten auch Professoren anderer Bundesländer und, so sieht es die Ärztegewerkschaft Marburger Bund (mb), auch andere beamtete Ärzte profitieren.

Der Marburger Bund erhofft sich von dem Urteil nämlich eine Signalwirkung für "alle beamteten Personengruppen mit herausgehobener Verantwortung".

Diskrepanz der Besoldung zwischen beamteten und angestellten Ärzten

Bei der Besoldung von beamteten Ärzten an Universitätskliniken, Bundeswehrkrankenhäusern und Gesundheitsämtern bestehe eine "nicht hinnehmbare Diskrepanz" zu den Gehältern der angestellten Ärzte etwa an kommunalen Krankenhäusern.

Beamtenbesoldung für Ärzte

In Euro ergibt sich nach Angaben des Marburger Bunds eine erhebliche Spannweite der Besoldung je nach Land und Besoldungsstufe:

In Berlin erhält ein beamteter Arzt (ledig, ohne Kinderzuschlag) in A 13, Stufe 3 ganze 3130 Euro, in Baden-Württemberg kann er in A 13, Endstufe 4582 Euro erreichen.

Bei A 14 reicht die Spannweite von 3295 Euro (Berlin, Stufe 1) bis 5074 Euro (Baden-Württemberg, Endstufe), bei A 15 von 4042 (Berlin, Stufe 1) bis 5729 (Baden-Württemberg, Endstufe), bei A 16 von 4464 (Berlin, Stufe 1) bis 6382 (Baden-Württemberg, Endstufe).

Bei der Bundeswehr steigen Ärzte laut dem mb-Tarifexperten Dr. Andreas Botzlar gleich mit A 14 ein, Oberstärzte sind in A 16 eingestuft. Dazu erhielten die Bundeswehrmediziner als Kompensation für den Abstand zu den Gehältern angestellter Ärzte eine Zulage von 600 Euro.

Nach Angaben von Dr. Andreas Botzlar, Vizechef des mb, arbeiten viele Ärzte an Universitätskrankenhäusern als Beamte auf Zeit. Beamtenstellen würden von den Kliniken oft bevorzugt, weil sie billiger seien.

Dabei gebe es große Unterschiede zwischen den Unikliniken und sogar innerhalb von Unikliniken. Das könne von 80 Prozent Beamtenstellen bis zu fünf Prozent Beamtenstellen reichen.

Zwar müsse man bei der Besoldung berücksichtigen, dass die Ärzte keine Abzüge für ihre Altersversorgung hätten - nach Ende der Beamtenzeit werden sie vom Dienstherrn beim Versorgungswerk nachversichert -, doch seien bei ihnen Bereitschafts- und andere Dienste sehr viel schlechter geregelt als im Tarifvertrag für Ärzte an kommunalen Krankenhäusern.

W-2-Stellen seien wegen der niedrigen Besoldung - im Schnitt etwa 4400 Euro - für Ärzte "völlig unattraktiv". Deshalb würden die Professorenstellen in den vorklinischen Fächern mittlerweile zunehmend mit Naturwissenschaftlern, Mathematikern oder Informatikern besetzt.

Besoldung ist allein Ländersache

Inhaber von W-3-Stellen sind Institutsdirektoren und Lehrstuhlinhaber, die in der Regel durch ihre Chefarztverträge ganz andere Konditionen erhalten.

Beamtete Ärzte werden in die Besoldungsgruppen A 13 bis A 16 eingruppiert, wobei Oberärzte teilweise nach A 14 oder A 15 bezahlt werden. Seit der Föderalismusreform 2005 ist die Besoldung allein Ländersache.

Seither sind Besoldungsrecht und Eingruppierungen in jedem Bundesland unterschiedlich. Es gebe Ärzte, die während ihrer gesamten Dienstzeit nach A 13 besoldet würden, sagt Tarifexperte Botzlar. Als Beispiel führt er einen habilitierten Oberarzt und Leiter einer intensivmedizinischen Abteilung an, der nur nach A 13 bezahlt werde.

Planmäßiger Aufstieg  der Besoldung nach Berufserfahrung und Verantwortung

Daher verfolge der mb als Nahziel den planmäßigen Aufstieg, gemäß der Berufserfahrung und Verantwortung, von A 13 bis A 16. Als Endziel schwebt dem mb eine Extra-Besoldung für Ärzte im Beamtendienst vor, ähnlich wie die Besoldungsordnung R für Richter.

Nach Ansicht des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst sind die Ärzte an den Gesundheitsämtern ebenfalls unterbezahlt. Laut Dr. Henrik Reygers, tarifpolitischer Sprecher des Verbands, besteht auch hier seit Abschaffung bundesweiter Regelungen ein Flickenteppich.

In Bayern etwa seien die Ärzte an den Gesundheitsämtern beamtet, in Hessen würden sie zunehmend als Tarifbedienstete eingestellt, freilich zu schlechteren Konditionen als angestellte Klinikärzte im Kommunaldienst.

Bei der Beamtenbesoldung fielen zwar die Abzüge für die Altersversorgung weg, allerdings sei diese inzwischen längst nicht mehr so attraktiv wie einst: "Die Pensionsleistungen für Beamte sinken kontinuierlich", so Reygers. Vergleiche man die Bezüge von Ärzten an Gesundheitsämtern mit den Gehältern der Ärzte beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen, könne man nur noch weinen.

Facharztmangel erreicht auch Gesundheitsämter

Die dbb-Tarifunion, die Beamte und Tarifbeschäftigte vertritt, fordert für die Ärzte an den Gesundheitsämtern die gleiche Vergütung wie an den Krankenhäusern. Derzeit fängt Reygers zufolge ein Arzt mit abgeschlossener Weiterbildung in Innerer oder Allgemeinmedizin im öffentlichen Gesundheitsdienst mit dem Tarif E 14 an, das seien etwa 3300 Euro.

Im Krankenhaus seien bei gleicher Qualifikation "5000 Euro aufwärts" möglich. Nach seiner Einschätzung wird der öffentliche Gesundheitsdienst in etwa 15 Jahren mit einem massiven Facharztmangel zu kämpfen haben, der jetzt schon deutlich beginne.

Dabei stünden die Gesundheitsämter vor einer "Bugwelle" von Aufgaben, seien es EHEC-Ausbrüche oder die neue Trinkwasserverordnung, die die regelmäßige Überprüfung von Mietshäusern auf Legionellen in der Wasserleitung verlangt. Vereinzelt würden schon Zulagen gezahlt, um Stellen besetzen zu können.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Wichtiges Urteil für die Medizin

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