Exportmarkt Japan? MedTech und Pharma tun sich damit oft schwer

Japan ist der zweitgrößte Medizintechnik- und Pharmamarkt der Welt. Vor allem für Unternehmen aus der Gesundheitswirtschaft kann sich daher ein Engagement in Nippon lohnen - wenn das Produkt stimmt.

Von Eugenie Wulfert Veröffentlicht:
Japanische Kliniken setzen bei Ausstattung und Versorgung auf Qualität.

Japanische Kliniken setzen bei Ausstattung und Versorgung auf Qualität.

© imago/Xinhua

BERLIN. Viele deutsche Unternehmen scheuen den Schritt auf den japanischen Markt. Denn die japanische Wirtschaft steht seit Langem im Ruf, ein verschlossener Markt mit hohen Handelshürden zu sein.

"Dabei bietet Japan als zweitgrößter Einzelmarkt der Welt sowohl für die Medizintechnik als auch den Pharmabereich mittel- und langfristig sehr gute Perspektiven", sagte Christian Lauterbach von der Bayer Pharma AG auf einer Veranstaltung im Rahmen der Asien-Pazifik-Wochen in Berlin zu Erfolgsaussichten auf dem japanischen Gesundheitsmarkt.

Allerdings müssten die Unternehmen den Markt verstehen und einen langen Atem beweisen, schränkt Lauterbach ein. Japanexperten sind sich dennoch einig, dass die Unternehmen mit einem neuartigen Produkt mit echtem Zusatznutzen sehr gute Erfolgschancen in Japan haben.

"Mit sogenannten Me-too-Produkten wird es dagegen sehr schwer, sich auf dem Markt durchzusetzen", bestätigt Martin Burow, der Biotech-Unternehmen aus dem medizinisch-diagnostischen Bereich beim Markteintritt in Asien berät.

Innovationen treiben Gesundheitsausgaben hoch

Japan hat nach dem Krieg ein qualitativ hochwertiges und flächendeckendes Gesundheitssystem aufgebaut. Das Versorgungsniveau ist in allen Regionen hoch. Das Land hat laut Burow rund 7700 Krankenhäuser, die sehr gut mit moderner Technik ausgestattet seien.

Das habe seinen Preis. In den vergangenen Jahren seien die Kosten deutlich in die Höhe geschnellt. Der Bedarf an medizinischer Versorgung nehme wie überall auf der Welt mit der Alterung der Gesellschaft, dem höheren Lebensstandard und dem technischen Fortschritt zu, so Burow.

Japan hat mit 79 Jahren bei Männern und 85,7 Jahren bei Frauen die höchste Lebenserwartung weltweit. Der Anteil der Senioren über 65 Jahren an der Bevölkerung, der heute bei gut 20 Prozent liege, soll nach Berechnungen der japanischen Regierung im Jahr 2020 bei 32 Prozent, 2055 schon bei gut 40 Prozent liegen, wie Burow darlegte.

Zeitgleich schrumpfe die Bevölkerung um 37 Millionen auf nur noch 90 Millionen Japaner im Jahr 2055.

Demografie begünstigt MedTech-Nachfrage

Im demografischen Wandel, von dem das Land der aufgehenden Sonne sogar noch stärker getroffen wird als Deutschland, sieht Burow sowohl eine Herausforderung für das japanische Gesundheitssystem als auch eine Chance für die Medizintechnik.

Denn fast die Hälfte des Bedarfs werde über Importe abgedeckt. "Mit einem Importanteil von beispielsweise knapp sechs Prozent im Jahr 2008 bleibt Deutschland beim Export nach Japan aber noch deutlich unter seinen Möglichkeiten", sagte Julia Krüger von der japanischen Außenwirtschaftsagentur JETRO.

Damit liege Deutschland auf dem dritten Platz hinter den USA mit 58 Prozent und Irland mit 10 Prozent Marktanteil.

Beim Markteinstieg in Japan müssen Unternehmen laut Experten die spezifischen Anforderungen des Marktes berücksichtigen. Abseits der kulturellen Unterschiede und sprachlichen Hürden seien spezifische Kenntnisse über Zulassungsverfahren, Patentwesen und Vertriebsstrukturen die Voraussetzung für den erfolgreichen Markteintritt.

"Die mehrstufigen Vertriebsstrukturen in Japan sind kompliziert und für Außenstehende wenig transparent", sagte Burow. In der Regel finden ausländische Unternehmen nur über einen japanischen Distributor einen Zugang zum Markt. Sogar ein großer Konzern wie Bayer kooperiere laut Lauterbach mit 20 Großhändlern in Japan.

"Um wirklich ernsthaft wahrgenommen zu werden, müssen Sie vor Ort agieren", so Christoph Miethke. Sein Unternehmen stellt implantierbare Drainagesysteme zur Behandlung des Hydrocephalus her. Miethke reiste über das Förderprogramm EU-Gateway to Japan zu einer Krankenhausmesse in Japan, um seine Produkte potenziellen Partnern vorzustellen.

Zulassungsprozess soll verkürzt werden

Von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Vertrieb seines Produktes in Japan sind laut Miethke knapp zwei Jahre für den Zulassungsprozess vergangen - ein vergleichbar kurzer Zeitraum. Die Fristen sollen laut Experten aber verkürzt werden.

Die Pharmaceuticals and Medical Devices Agency will sich als zuständige Behörde künftig für das Zulassungsverfahren für innovative Produkte neun Monate und für die übrigen zwölf Monate Zeit nehmen.

Will ein Unternehmen den Schritt nach Japan wagen, kann es sich beim Markteintritt beraten lassen. Organisationen, wie beispielsweise die deutsche Außenhandelsagentur German Trade & Invest (gtai), der EU-Japan Center for industrial cooperation oder JETRO, informieren über die Märkte in Japan.

Es gibt aber auch Businessprogramme, wie EU Gateway to Japan, das Geschäftsreisen für europäische Unternehmen nach Japan organisiert. Bereits vor der Reise werden Kontakte hergestellt, die vor Ort vertieft werden und so den Markteintritt erleichtern können.

Mehr zum Thema

Digitalisierung in den Praxen

KVWL-Experte fordert Volltextsuche für die ePA

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“