Industrie-Prognose

Kollege Roboter – Garant für fitte Beschäftigte und höhere Renten?

Von der Digitalisierung der Arbeitswelt mit Robotern und weiterer Automatisierung profitieren die Menschen in Deutschland in mehrfacher Hinsicht, so Wissenschaftler. Neben einer besseren Gesundheit könnten auch mehr Wohlstand erzielt und die Sozialsysteme geschont werden.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Mitarbeitergesundheit geschont: Bei der Mensch-Maschine-Kollaboration wird die körperliche Arbeitsbelastung auf Roboter verlagert.

Mitarbeitergesundheit geschont: Bei der Mensch-Maschine-Kollaboration wird die körperliche Arbeitsbelastung auf Roboter verlagert.

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FRANKFURT/MAIN. Die deutsche Robotik und Automation ist auf Wachstumskurs: Das Umsatzvolumen der drei Segmente Robotik, Integrated Assembly Solutions und Industrielle Bildverarbeitung stieg 2016 auf 12,8 Milliarden Euro – ein neuer Rekord. Seit der Wirtschaftskrise hat sich der Branchenumsatz damit in sieben Jahren mehr als verdoppelt – 2009 belief er sich noch auf 6,2 Milliarden Euro. Für das laufende Geschäftsjahr prognostiziert der VDMA Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau sieben Prozent Wachstumsplus und rechnet bei der Robotik und Automation mit einem Rekordumsatzvolumen von 13,7 Milliarden Euro. "Im weltweiten Wettlauf, die Industrie zu modernisieren, profitieren die Marktteilnehmer aus Deutschland von einer robusten Konjunktur. Unsere Branche schaut mit Optimismus in die Zukunft", sagte Dr. Norbert Stein, Vorstandsvorsitzender des VDMA-Fachverbands Robotik + Automation auf der Jahrespressekonferenz am Dienstag in Frankfurt.

Herzkammer Digitale Transformation

Der VDMA sieht die Robotik und Automation als integralen Bestandteil eines weitgehend digitalisierten Arbeitsmarktes. Das Arbeitskräfteangebot in Deutschland werde sich bis 2040 stark verringern. Denn: Während die Babyboomer-Jahrgänge aus dem Erwerbsalter herauswachsen, rücken geburtenschwache Jahrgänge nach. In Zahlen ausgedrückt, schrumpfe das Erwerbspotenzial in Deutschland bis 2040 um zehn Millionen Menschen. Das entspreche einem Minus von 20 Prozent.

Um sich dieser neuen Arbeitsmarktsituation anzupassen, komme der digitalen Transformation mit Robotik und Automation eine Schlüsselrolle zu, wie Dr. Horst Neumann vom Institut für die Geschichte und Zukunft der Arbeit Berlin (IGZA) in Frankfurt betonte. "Demographie und Digitalisierung bieten in den nächsten Jahrzehnten für Deutschland die einmalige Chance Innovation, Qualifikation und Wettbewerbsfähigkeit zu einer positiven Allianz von wirtschaftlicher Stärke und sozialer Solidarität zu verbinden", so Neumann. "Eine beschleunigte Digitalisierung und daraus folgende Produktivitätssteigerungen sind zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit notwendig und bilden die Basis der Finanzierung von Infrastruktur, Bildungs- und Rentensystem", ergänzte er.

"Datenschutz, Gesundheitsschutz, Beschäftigtenschutz, die soziale Absicherung und Arbeitszeiten sind zentrale Elemente für eine optimale gesellschaftliche Verteilung und Nutzung der Digitalisierungsdividende Deutschlands", heißt es in dem Arbeitspapier "Deutschland 2040 – 10 Thesen zu Arbeitsmarkt und Rente, Demografie und Digitalisierung", in dem das IZGA unter anderem die Folgewirkungen des Einsatzes von Robotik und Automation in der Arbeitswelt auf die Sozialsysteme prognostiziert.

Der Trend hin zu einer längeren Lebenserwartung müsse nicht automatisch eine höhere Belastung des Rentensystems mit sich bringen. Arbeit sei nicht nur Last, sondern könne auch Erfüllung sein. "Bessere Gesundheit in fortgeschrittenem Alter ermöglicht längere, idealerweise freiwillige und flexible Lebensarbeitszeit, d.h. ein späteres Renteneintrittsalter", so die Forscher mit Verweis darauf, dass dieses Thema in Deutschland – zurecht – sehr emotional besetzt sei, weil es eine große Gruppe Erwerbstätiger gibt, für die es heute schon schwer sei, noch mit 60 zu arbeiten, – beispielsweise bei Schichtarbeit und anderen körperlich sehr anspruchsvolle Tätigkeiten.

Lob für Flexi-Rente

"Die jüngste Gesetzgebung zur Flexi-Rente hat einen ersten Schritt getan diese Negativ-Diskussion ins Positive zu drehen: Flexibler Renteneintritt mit Hinzuverdienst-Chancen. Diese behutsame Anhebung des Renten-Eintrittsalters könnte in den nächsten Jahrzehnten die durchschnittliche Rentenbezugs-Dauer auf dem heutigen Niveau von rund 20 Jahren belassen und damit eine negative Wirkung der höheren Lebenserwartung auf das Renten-System vermeiden", lautet die Schlussfolgerung.

Durch die digitale Transformation könnte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf bis zum Jahr 2040 auf bis zu 60.000 Euro steigen, bis 2060 sogar auf bis zu 87.000 Euro, schätzen die Autoren – 2016 belief sich das Pro-Kopf-BIP auf 37.866 Euro.

Neben dem höheren monetären Wohlstand habe der technisch-wissenschaftliche Fortschritt auch wesentliche qualitative Dimensionen: "Fortschritte der Medizin und Prävention führen zu einer besseren Gesundheit und ermöglichen eine längere Lebensarbeitszeit. Eine höhere Umweltqualität durch nachhaltige Wirtschaft, leichterer Zugang zu Informationen, Ausbildung und Bildung verbessern die Lebensqualität und Chancengleichheit", schreiben die IZGA-Forscher in ihrer Prognose.

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