Arzthaftung

Nicht zum Screening geraten? Schadenersatz fällig!

Ein Gynäkologe muss Schadenersatz an eine Patientin zahlen, weil er ihr zu spät zu einem Mammografie-Screening geraten hat. Das hat ein Oberlandesgericht entschieden.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
2001 zum Mammografie-Screening und dann erst wieder in neun Jahren? Das kann zu wenig sein, so das OLG Hamm.

2001 zum Mammografie-Screening und dann erst wieder in neun Jahren? Das kann zu wenig sein, so das OLG Hamm.

© Monkey Business Images/photos.com

KÖLN. Ein Frauenarzt, der einer Patientin bei der Krebsvorsorgeuntersuchung nicht zu einem Mammografie-Screening geraten hat, kann zu Schadenersatz verurteilt werden, wenn die Frau an Brustkrebs erkrankt. Das hat das Oberlandesgericht Hamm (OLG) entschieden.

Eine Frau war seit Jahren bei einem Gynäkologen in Behandlung, der jedes Jahr eine Brustkrebsvorsorgeuntersuchung vornahm. 2001 wurde bei der Patientin eine Mammografie durchgeführt.

Danach riet der Frauenarzt erst im Jahr 2010 wieder zu einer solchen Untersuchung. Dabei wurde dann ein Mammakarzinom entdeckt. Die Frau wurde operiert, befallene Lymphknoten wurden entfernt, sie erhielt eine Chemo- und eine Strahlentherapie.

Behandlungsziel verpasst

Das OLG sprach ihr ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro zu. Nach Einschätzung der Richter hätte der Frauenarzt ihr bereits im Jahr 2008 zur Teilnahme am Mammografie-Screening raten müssen, da die Mammografie zu dieser Zeit als "einzig sichere Methode zur Senkung des Mortalitätsrisikos" anerkannt gewesen sei.

Das Gericht wertete das Unterlassen dieser Empfehlung als groben Behandlungsfehler, da es der Frau bei der Behandlung ersichtlich auf die Minimierung jedwedes Brustkrebsrisikos angekommen sei.

Zudem habe der Gynäkologe ihr zuvor ein Medikament verordnet, das geeignet war, das Brustkrebsrisiko zu erhöhen.

Die Richter gingen wegen der Beweislastumkehr davon aus, dass sich bei einer Diagnose der Krebserkrankung schon im Jahr 2008 noch keine Metastasen gebildet hätten, die Frau mit einer weniger belastenden Operation hätte behandelt werden können und ihr die Chemotherapie erspart geblieben wäre.

Einen solchen Verlauf hatte der medizinische Sachverständige für nicht unwahrscheinlich gehalten.

Az.: 3 U 57/13

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