Arzthaftung

Bei Sehbehinderung greift Beweislastumkehr

OLG Hamm verurteilt eine Augenärztin zur Zahlung von Schmerzensgeld, da sie einen Patienten nicht rechtzeitig zum Augenchirurgen überwies und dadurch eine Netzhautablösung aufgetreten ist.

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KÖLN. Es ist ein grober Behandlungsfehler, wenn Augenärzte die Indikation für eine Laserbehandlung an der Netzhaut nicht sicher abklären. Bei einer Sehbehinderung des Patienten greift die Beweislastumkehr und die Ärzte müssen Schmerzensgeld bezahlen. Das hat das Oberlandesgericht Hamm (OLG) in einem rechtskräftigen Urteil entschieden.

Ein 68-jähriger Mann ging zur Augenärztin, weil er auf dem rechten Auge nicht mehr richtig sehen konnte. Sie stellte ein Netzhautloch und eine Glaskörperblutung fest und behandelte den Patienten mit einer Laserkoagulation, die sie zehn Tage später wiederholte. Der Augenarzt, den seine Kollegin während der Urlaubszeit vertreten hatte, nahm später eine weitere Laserkoagulation vor. Beide verzichteten auf eine Ultraschalluntersuchung.

Einen Monat nach den Beschwerden kam es zu einer Netzhautablösung, die stationär durch eine Glaskörper-Operation behandelt wurde. Die Sehkraft auf dem rechten Auge des Mannes ist dauerhaft um 90 Prozent reduziert.

Schmerzensgeld-Urteil bestätigt

Er verklagte die beiden Augenärzte, das Landgericht sprach ihm ein Schmerzensgeld von 15.000 Euro zu. Das OLG bestätigte das Urteil in der Berufung.

Nach Einschätzung des medizinischen Sachverständigen war spätestens die zweite Laserbehandlung nicht mehr indiziert. Während der gesamten Behandlung sei die Sicht auf den zentralen Glaskörper nicht gegeben gewesen, Blutauflagerungen in Blickrichtung hätten die Beurteilung der Netzhaut verhindert. "Es hätte stattdessen die Vorstellung bei einem Augenchirurgen erfolgen müssen", heißt es in dem Urteil.

Die Richter stuften es als Befunderhebungsfehler ein, dass die Augenärztin - ebenso wenig wie später ihr Kollege - keine Ultraschalluntersuchungen zur sicheren Erkenntnis über den Zustand der Netzhaut veranlasst hatte.

Nach Einschätzung des Sachverständigen ist es nicht gänzlich unwahrscheinlich, dass die Sehkraft des Mannes bei einer rechtzeitigen Überweisung zum Augenchirurgen hätte vollständig wiederhergestellt werden können.

Das OLG ließ die Revision nicht zu. (iss)

Az.: 26 U 28/13

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