Personalisierte Medizin

Die Haftungsrisiken für Hausärzte steigen

Noch liegt der Schwerpunkt der personalisieren Medizin auf der Onkologie, doch steigen in Zukunft auch für Hausärzte die Haftungsrisiken.

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:
Der Schwerpunkt der personalisierten Medizin liegt noch auf der Onkologie. Das Versprechen dabei: Wer die Tumor-DNA kennt, kann medikamentös wirkungsvoller gegen Krebserkrankungen vorgehen.

Der Schwerpunkt der personalisierten Medizin liegt noch auf der Onkologie. Das Versprechen dabei: Wer die Tumor-DNA kennt, kann medikamentös wirkungsvoller gegen Krebserkrankungen vorgehen.

© 4designersart / fotolia.com

BERLIN. Spätestens in zehn Jahren werden Ärzte aller Fachgruppen nicht mehr nur Standardbehandlungen vornehmen können, sie werden stattdessen vielmehr personalisierte, also auf Genomanalysen und Gendiagnostik beruhende Medizin anbieten müssen. Davon ist Professor Wolfram Eberbach, Rechtsanwalt und Medizinethiker aus Erfurt, überzeugt.

Heute liegt der Schwerpunkt der individuell auf den Patienten zugeschnittenen Therapie zwar noch in der Onkologie. Für Hausärzte, so Eberbach im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung", könne personalisierte Medizin aber eines Tages auch schon bei der Ernährungsberatung von Patienten relevant werden.

"Ärzte müssen mehr aufklären"

"Nicht jeder verträgt alles und nicht für jeden sind bestimmte Nahrungsmittel bei bestimmten Krankheiten gut", sagt Eberbach. Das bedeutet: Hausärzte könnten bald dazu verpflichtet sein, Gentests bei ihren Patienten vorzunehmen, um herauszufinden, welches Essen für sie zum Beispiel bei Gallenkrankheiten am ehesten geeignet ist.

Solche Tests existieren laut Eberbach derzeit schon für rund 50 Arzneimittel etwa im Bereich der Melanomerkrankungen oder HIV-Infektionen. "Bei manchen Medikamenten muss der Test vorher gemacht werden, bei manchen wird er empfohlen", sagte Eberbach auf dem 17. Deutschen Medizinrechtstag in Berlin.

Mittels der Gentests lasse sich schon vor der Einnahme klären, ob oder welches spezielle Arzneimittel bei dem Patienten überhaupt wirken wird und welche Dosierung er verträgt.

"25 Prozent der Brustkrebspatienten haben ein bestimmtes Protein, das in Übermaß produziert wird, dafür gibt es bestimmte Medikamente", so Eberbach, der damit auf den Her2/neu-Rezeptor und das klassische Beispiel für Personalisierte Medizin anspielt, das Her2-spezifische Krebsmittel Trastuzumab.

Ein Thema für "fast alle Fachrichtungen"

Die personalisierte Medizin werde in naher Zukunft "fast alle Fachrichtungen" betreffen. Die Anforderungen an die Ärzte bei Diagnostik, Indikationsstellung und Therapie würden damit unweigerlich steigen, ist der Rechtsanwalt überzeugt: "Der Arzt muss mehr wissen, mehr kennen und mehr mit den Patienten sprechen, also aufklären".

Mit den Fortschritten in der personalisierten Medizin nehme jedoch auch das Haftungsrisiko proportional zu, meint Eberbach. So könnte in Zukunft beispielsweise ein Haftungsgrund allein schon darin liegen, dass Patienten keine individuelle Diagnostik angeboten wird. – Hier dürfte also auch auf Ärztekammern und KVen jede Menge Beratungsarbeit zukommen.

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