Heller Hautkrebs

Dermatologen fordern mehr Schutz für Arbeiter

In einer Debatte im Europaparlament setzt sich die europäische Spitzenorganisation der Dermatologen für schärfere Schutzpflichten der Arbeitgeber ein. Denn sie befürchten eine Zunahme des hellen Hautkrebses bei Arbeitnehmern, die im Freien tätig sind.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:

BRÜSSEL/BERLIN. Kommen auf Arbeitgeber, deren Belegschaften beim Einsatz im Freien lange der Sonne exponiert sind, neue Pflichten in puncto UV-Schutz am Arbeitsplatz zu?

Deutschlandweite Dosimetrie-Messungen an Arbeitsplätzen im Freien haben nach Aussage des Bundesverbandes der Deutschen Dermatologen (BVDD) eine unerwartet hohe UV-Strahlungsexposition ergeben.

Mit Verweis auf diese Daten warnt jetzt auch die Europäische Akademie für Dermatologie und Venerologie (EADV) vor einer weiter ansteigenden Zahl von beruflich bedingtem Hautkrebs bei Beschäftigten, die überwiegend im Freien arbeiten.

Vor Kurzem hat die Spitzenorganisation der europäischen Dermatologen während einer Debatte im Europaparlament in Brüssel in ihrem "Global Call to Action" betitelten Memorandum Politiker, Arbeitgeber und Betroffene weltweit aufgefordert, die Risiken solarer UV-Belastung am Arbeitsplatz nicht länger als Naturereignis hinzunehmen.

Ruf nach UV-Schutzmaßnahmen

"Berufsbedingter Hautkrebs ist eine reale Bedrohung für unsere Arbeitskräfte. Angesichts der drohenden, bislang beispiellosen Kostenbelastung unserer Gesundheitshaushalte gehört der Schutz der Beschäftigten, die im Freien arbeiten, ganz nach vorne auf die gesundheitspolitische Agenda in Europa," appellierte EADV-Präsident Professor Erwin Tschachler bei der Präsentation des Memorandums seines Verbandes - eine Forderung, die Dr. Emilie van Deventer von der Weltgesundheitsorganisation aus Weltperspektive noch unterstrichen habe.

Weltweit sei in zahlreichen Ländern die solare UV-Strahlung der Hauptgrund für die Entstehung von berufsbedingtem Hautkrebs. Allein in Europa seien ihr 14,5 Millionen Arbeitnehmer über drei Viertel ihrer Arbeitszeit und länger ausgesetzt, umriss die irische EU-Parlamentsabgeordnete Nessa Childers die Größenordnung der Problemlage.

Laut EADV verwies Tschachler in Brüssel auf die Tatsache, dass es einfache und günstige Lösungen zur Vorbeugung gegen diese vermeidbare Krebsform gibt.

Aus Arbeitnehmersicht fängt der bessere Schutz am Arbeitsplatz mit der Bereitstellung von Sonnencreme und entsprechender UV-schützender Arbeitskleidung an, arbeitsorganisatorische Maßnahmen und Arbeitszeitregelungen sollten hinzukommen, verdeutlichte Rolf Gehring von der Föderation der Nahrungsmittel-, Landwirtschafts- und TourismusGewerkschaften sowie ihrer Schwesterorganisation für Waldarbeiter und Bauarbeitergewerkschaften laut BVDD. Auch branchenspezifische Selbstverpflichtungsregelungen könnten Fortschritte beim UV-Schutz bringen, ergänzte er in Brüssel.

Dermatologen und Gewerkschafter forderten in der Debatte im EU-Parlament darüber hinaus eine Erweiterung der bestehenden Empfehlungen zur UV-Strahlung am Arbeitsplatz um solare Risiken, so der BVDD.

Keine Regelung auf EU-Ebene in Sicht

Für die EU-Kommission strich Dr. Jorge Costa-David den subsidiären Charakter der EU-Gesetzgebung mit Vorrang für Regelungen der nationalen Gesetzgebung heraus, wie der BVDD betont. Solange einschlägige europarechtliche Regelungen fehlten, sollten Arbeitnehmer die Bestimmungen zur Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze nutzen, um für einen besseren UV-Schutz am Arbeitsplatz zu sorgen, so Costa-Davids Rat.

Aus Sicht der deutschen Dermatologen haben die Vertreter der EADV und EU-Parlamentarier in besagter Sitzung gemeinsam eine Lanze für die Prävention gebrochen. Die EADV sehe ganz klar auch die eigenen Mitglieder in der Pflicht.

Diese sollten, so das Memorandum, beispielsweise Kampagnen vorantreiben, um die Betroffenen für die Gefahren und Risiken der Arbeit im Freien zu sensibilisieren. Zugleich aber sollten sie auch Arbeitsmediziner und Allgemeinärzte fachübergreifend motivieren, beim Kampf gegen den berufsbedingten Hautkrebs mit den Dermatologen zusammenzuarbeiten, lautet der Appell.

Seit dem 1. Januar 2015 ist der helle Hautkrebs in Deutschland als Berufskrankheit anerkannt - unter BK 5103. Im Rahmen der "Aktionswoche Haut & Job" mahnte der BVDD bereits im November vergangenen Jahres dringend bessere UV-Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz an.

"Mit der Einführung von Hautkrebs als Berufskrankheit hat sich der Hautkrebs nun noch vor die anderen beruflichen Hauterkrankungen geschoben", bilanzierte Professor Swen Malte John, Leiter der Abteilung Dermatologie, Umweltmedizin, Gesundheitstheorie an der Universität Osnabrück.

Erkranken Arbeitnehmer an hellem Hautkrebs, so liegen die Hürden bei der Anerkennung als Berufskrankheit sehr hoch. Denn für den Leistungsanspruch ist bei einigen Berufskrankheiten die Erfüllung zusätzlicher besonderer versicherungsrechtlicher Voraussetzungen erforderlich.

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