E-Health-Gesetz

Diese Änderungen sind geplant

Kurz bevor das E-Health-Gesetz verabschiedet werden soll, wird noch kräftig daran geschraubt - mit entscheidenden Konsequenzen für Ärzte. So sind jetzt neue Fristen und Sanktionen vorgesehen.

Rebekka HöhlVon Rebekka Höhl und Anno FrickeAnno Fricke Veröffentlicht:
Der Gesetzgeber will, dass sich die Telematikinfrastruktur den Patienten stärker öffnet.

Der Gesetzgeber will, dass sich die Telematikinfrastruktur den Patienten stärker öffnet.

© vege / fotolia.com

BERLIN. Die Kritik am Entwurf zum E-Health-Gesetz scheint bei der großen Koalition angekommen zu sein. Kurz vor der geplanten Verabschiedung des Paragrafenwerks im Bundestag am 3. Dezember ist ein ganzes Paket an Änderungsanträgen aus den Reihen der Regierungsparteien eingetrudelt.

Die 13 Anträge, die der "Ärzte Zeitung" vorliegen, sollen dabei nicht nur die Patienten stärker in die Telematikinfrastruktur und ihre Anwendungen einbinden.

Es wird nun auch darauf gedrängt, dass moderne digitale Lösungen wie die Video-Konsultation oder Gesundheits-Apps schneller Teil der großen Datenautobahn und zum Teil auch des EBM werden.

Dabei müssen sich Kassen und Ärzteschaft auf eine Reihe neuer Fristen samt Sanktionen einstellen. Die geplanten Änderungen im Überblick:

Medikationsplan wird ausgeweitet

Erstellt werden soll der Medikationsplan zwar weiterhin vom Arzt. Apotheker sollen aber verpflichtet werden, sich an der Aktualisierung des Arzneiplans zu beteiligen - sofern der Patient dies wünscht. Und ebenfalls an der nutzungsbezogenen Pauschale beteiligt werden. Ab 2018 soll der Medikationsplan dann auch in elektronischer Form vorliegen bzw. die Aktualisierung über die elektronische Gesundheitskarte (eGK) möglich sein, ab 2019 ist dies Pflicht. Die Technik dafür muss daher schon bis zum 31.12.2017 stehen. Gelingt dies der gematik nicht, drohen Kassen und KBV Haushaltskürzungen - genauer dürfen die Ausgaben in den Haushalten das Ausgabenvolumen aus 2014 abzüglich ein Prozent solange nicht überschreiten, bis die Umsetzung läuft. Und die Aufsichtsbehörde kann das Schiedsamt anrufen.

Dabei muss die Technik mehr als die reine Aufnahme der Medikation leisten. Sie soll gleichzeitig Daten zur Prüfung der Arzneimitteltherapiesicherheit liefern. Hiermit will man vermeiden, zwei parallele Systeme zu etablieren. Außerdem muss die KBV die Zertifizierung der Praxis-Software um die Funktionen des Medikationsplans erweitern. Die Vertragspartner müssen dazu bis zum 30. April 2016 Inhalt und Struktur des Medikationsplans gemeinsam festgelegt haben.Modellvorhaben wie etwa ARMIN in Sachsen und Thüringen, die die Arzneitherapiesicherheit schon heute elektronisch abbilden können, sollen von dieser Regelung ausgenommen werden.

Patientenakte kommt ins Gesetz

Bis Ende 2018 muss die gematik die technischen Voraussetzungen für eine sektorübergreifende elektronische Patientenakte schaffen (wir berichteten kurz). Über diese sollen Diagnosen, Befunde, Arztbriefe, aber ebenso der Notfalldatensatz, Medikationsplan und andere medizinische Dokumente wie der Impfpass durch den Patienten anderen Leistungserbringern bereit gestellt werden können. Als Berechtigungsnachweis ist das Einlesen des elektronischen Heilberufeausweises (eHBA) notwendig. Die Daten sollen direkt aus Praxis-EDV- und Kliniksystemen in die Akte laufen. Ab Januar 2019 soll die E- Patientenakte funktionieren.

Getrenntes Fach für Patienten

Den Patienten soll über das sogenannte Patientenfach ermöglicht werden, selbst ermittelte Gesundheitsdaten - aus Patiententagebüchern, von Messgeräten oder über Apps - dem Arzt über die Telematikinfrastruktur direkt zur Verfügung zu stellen. In das Fach sollen auf Wunsch des Patienten auch Daten aus der elektronischen Patientenakte aufgenommen werden. Dadurch können Patienten ihr Recht auf Einsichtnahme mittels eines erleichterten Zugriffsverfahrens und vor allem unabhängig von der Arztpraxis etwa auch am heimischen PC wahrnehmen. Technisch soll die gematik das Patientenfach bis Ende 2018 umgesetzt haben, ab Januar 2019 soll es den Patienten bereit stehen.

Video-Sprechstunde

Neben der Röntgenbefundung sollen nun auch Video-Konsultationen mit Bestandspatienten als telemedizinische Anwendung ihren festen Platz im E-Health-Gesetz finden. Bis zum 30. September 2016 soll der Bewertungsausschuss prüfen, inwieweit Leistungen über diesen Weg erbracht werden können. Die zugehörigen EBM-Ziffern sollen ab Juli 2017 greifen, die nötigen Vereinbarungen hierfür sind bis 31. März 2017 zu treffen, oder es drohen Kassen und KBV wiederum die 1-prozentigen Haushaltskürzungen. Kommt es zu keiner Einigung, kann die Schiedsstelle angerufen werden.

E-Arztbrief nur mit Signatur

Die finanzielle Förderung für den elektronischen Arztbrief sollen Ärzte nach den Änderungsanträgen nur dann erhalten, wenn sie die Briefe mit dem E-Heilberufeausweis elektronisch signieren. Die Regelung und damit auch die Förderung des E-Arztbriefes mit 55 Cent pro Übermittlung sollen erst ab Oktober greifen, dafür könnte die Förderung dann statt bis Ende 2017 bis zum 30. September 2018 laufen. Dadurch sollen die Arztbriefe einerseits rechtssicher gemacht werden, zum anderen soll so auch die Einführung des Heilberufsausweis samt qualifizierter elektronischer Signatur (QES) vorangetrieben werden.

Entlassbriefe verlieren Förderung

Entlassbriefe sollen hingegen gar nicht mehr gefördert werden, damit eine Anschubfinanzierung für Notfalldatensatz und Medikationsplan zur Verfügung steht.

Datenautobahn öffnet sich

Die gematik soll den Auftrag erhalten, bis Ende 2016 zu prüfen, inwieweit auch mobile und stationäre elektronische Geräte - also Smartphone und PC - der Versicherten Teil der Telematikinfrastruktur bzw. der Kommunikation auf der Datenautobahn werden können.

Hausärzte werden gestärkt

Da die Hausärzte in der Versorgung und bei den ersten Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte eine wichtige Rolle spielen, sollen sie festes Mitglied im Beirat der gematik werden.

Schneller zum Schiedsverfahren

Wie ernst es dem Gesetzgeber mit dem neuen Zeitplan ist, zeigt dieser Änderungswunsch. Um nicht unnötig viel Zeit verstreichen zu lassen, soll die Aufsichtsbehörde befugt sein, sobald die Selbstverwaltungsorgane eine Frist verstreichen lassen, sofort das Schiedsamt anrufen zu können. Eine vorherige Fristverlängerung ist nicht notwendig.

Psychotherapeuten dürfen offiziell mitmachen

Auch bei Inanspruchnahme eines Psychotherapeuten müssen GKV-Versicherte künftig eine Gesundheitskarte vorlegen. Damit wird die Datenautobahn nun offiziell für die Leistungserbringer geöffnet.

Ohne E-Card geht nichts

Weigert sich ein Versicherter, bei der Ausstellung der elektronischen Gesundheitskarte - der Zugangskarte zu Anwendungen innerhalb der Telematikinfrastruktur - mitzuwirken, soll ihm nur noch einmal eine Ersatzbescheinigung von der Kasse ausgestellt werden. Eine weitere Nachfolgebescheinigung gibt es nicht. Die Kasse hat ihn darüber zu informieren.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Gesetzgeber ist lernfähig

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