E-Health

WHO sieht großes Potenzial in Europa

Nationale elektronische Patientenakten, Telemedizin und Mobile Health könnten europäische Gesundheitssysteme revolutionieren und helfen, Patienten besser zu versorgen. Davon geht zumindest das WHO-Regionalbüro für Europa aus - und legt Zahlen vor.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:

KOPENHAGEN.In puncto E-Health herrschen in den Ländern der Region Europa der Weltgesundheitsorganisation (WHO) noch teils erhebliche Defizite vor.

Um E-Health in diesen 53 Ländern, zu denen neben den 28 EU- und anderen europäischen Staaten auch Armenien, Aserbaidschan, Israel, Kasachstan, Kirgisistan, Russland, Tadschikistan, die Türkei, Turkmenistan und Usbekistan zählen, E-Health-Lösungen zu implementieren, müssen die jeweiligen Staatsregierungen ein explizites politisches Commitment abgeben.

So lautet eine der zentralen Empfehlungen des aktuellen Berichts "From Innovation to Implementation - eHealth in the WHO European Region" des in Kopenhagen ansässigen WHO-Regionalbüros für Europa.

Dieses politische Bekenntnis bedürfe einer nachhaltigen Finanzierung zur Implementation von nationalen E-Health-Programmen sowie einer Evaluationsinstanz und einer nationalen E-Health-Strategie, heißt es weiter. Der Bericht fußt laut WHO auf einer letztjährigen Umfrage zur elektronischen Gesundheit, an der sich 47 der 53 Mitgliedsstaaten beteiligt hätten.

"Das 21. Jahrhundert beginnt im Zeichen einer Welle von Technologien, die eine immense Bandbreite von Möglichkeiten für Innovationen im Gesundheitsbereich mit sich bringen. In vielen Ländern revolutioniert der Komplex E-Health die Leistungserbringung im Gesundheitswesen und die dafür benötigten Gesundheitsinformationen", so Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa.

30 Staaten haben eine nationale E-Health-Strategie

30 Staaten verfügten laut Bericht über eine nationale E-Health-Strategie. Nach Auffassung der WHO ist eine nationale E-Health-Strategie von zentraler Bedeutung, wenn es darum geht, das gesundheitspolitische Rahmenwerk "Health 2020" ("Gesundheit 2020") des europäischen Regionalbüros umzusetzen, das wiederum auf den Resolutionen WHA58.28 und WHA66.24 der World Health Assembly, dem Entscheidungsorgan der WHO, aus den Jahren 2005 und 2013 fußt.

"Das WHORegionalbüro für Europa hofft, dass ‚Gesundheit 2020‘ jedem Bewohner der Europäischen Region, der neue Chancen zur Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens heutiger und zukünftiger Generationen nutzen möchte, Erkenntnisse und Inspiration vermitteln wird, indem sowohl die Herausforderungen und die Chancen als auch Handlungsoptionen aufgezeigt werden", heißt es in dem Dokument.

In Deutschland hält derweil die Telemedizin immer stärker Einzug in den Versorgungsalltag und findet vehemente Verfechter auf Ärzteseite. So zum Beispiel Professor Friedrich Köhler, Leiter des Zentrums für kardiovaskuläre Telemedizin an der Charité Berlin.

Kurz vor dem Start des diesjährigen Internistentages in Mannheim wies er darauf hin, dass Deutschland bei der Entwicklung und Erforschung telemedizinischer Technologien weltweit als eines der führenden Länder gelte.

Dabei habe man "einige Lektionen gelernt", sagte Köhler. Herzkranke Patienten könnten mit Hilfe der Telemedizin länger leben als ohne die Technik, und sie könnten Krankenhausaufenthalte vermeiden.

Wie aus der letztjährigen E-Health-Umfrage des europäischen WHO-Regionalbüros hervorgeht, verfügen 22 Mitgliedsstaaten über ein nationales System für eine E-Patientenakte, 18 davon haben gesetzliche Vorgaben zu dessen Gebrauch.

22 Staaten antworteten indes, dass die Finanzierungsfrage die wichtigste Hürde für die Implementierung eines entsprechenden Systems darstellt. Zwölf Staaten wiesen eine dedizierte Telemedizinstrategie auf, 16 Länder subsumierten Telemonitoring & Co unter dem Dach der nationalen E-Health-Strategie.

Teleradiologie am weitesten verbreitete Lösung

Die Teleradiologie - in Deutschland steht ihr Einzug in die Regelversorgung bevor - ist die am weitesten verbreitete Telemedizinlösung in den befragten Staaten, 38 Länder berichteten von deren Einsatz im Versorgungsalltag.

Auf Rang zwei rangiert das Telemonitoring, das in 33 Ländern praktiziert wird. Ein anderer Schwerpunkt liegt auf mobilen Gesundheitsdienstleistungen. So gaben 22 Länder an, M-Health-Lösungen staatlich zu fördern. 3

3 Mitgliedsstaaten sagten, keinerlei Behörde zu haben, die die regulatorische Aufsicht über Qualität, Sicherheit und Zuverlässigkeit von M-Health-Anwendungen ausübt. Drei Staaten hätten staatlich geförderte M-Health-Programme bereits evaluiert.

Das WHO-Regionalbüro empfiehlt seinen Mitgliedsstaaten explizit das Einrichten einer Aufsichtsbehörde für M-Health-Lösungen und Evaluationen zum Einfluss und Nutzen solcher Angebote durchzuführen.

Unter den weiteren Handlungsempfehlungen findet sich der Ruf nach der Adaption von E-Health-Standards für den Datenaustausch und die Interoperabilität und das Einrichten einer entsprechenden Regulierungsbehörde.

Auch in Deutschland gibt es noch Probleme bezüglich der Interoperabilität der unterschiedlichen IT-Systeme in Klinik und Praxis. Hier soll das E-Health-Gesetz Abhilfe schaffen.

Einen zusätzlichen Knackpunkt, um eine breite Akzeptanz für E-Health zu schaffen und Anwendungen problemlos zu gestalten, sieht die WHO in der digitalen und Gesundheitskompetenz der Beschäftigten im Gesundheitswesen sowie auch in der Bevölkerung.

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