Innovationstreiber Gesundheit

Paris setzt auf Genommedizin und E-Health

Frankreich forciert seine Health-Strategie. Zum einen will der Staat Prozesse in der medizinischen Versorgung effizienter gestalten, zum anderen die öffentliche Gesundheit stärken – und die Gesundheitsindustrie.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Frankreich setzt auf das Zugpferd Healthcare.

Frankreich setzt auf das Zugpferd Healthcare.

© FlorianTM / fotolia.com

Frankreich will ein führender Standort in puncto Innovationen bleiben. Die Gesundheit ist dabei nur ein Vehikel, auf das Paris setzt. So präsentierte Gesundheitsministerin Marisol Touraine im Juli die nationale Strategie E-Health 2020 ("Stratégie nationale e-santé 2020").

Dieser Plan zielt unter anderem darauf ab, die Akteure des Gesundheitswesens im digitalen Wandel zu begleiten, und baut dabei auf Innovation. Kurz davor überreichte Yves Lévy, Vorsitzender der Forschungsallianz Aviesan und Geschäftsleiter des französischen Instituts für Gesundheit und medizinische Forschung (Inserm), Premierminister Manuel Valls den französischen Genommedizin-Plan ("Plan France Médecine Génomique 2025").

Der vom Staat gesteuerte Plan zielt darauf ab, Frankreich in den nächsten zehn Jahren zu einem der führenden Länder im Bereich der Genommedizin zu machen. Mit Hilfe des Plans soll den Herausforderungen auf dem Gebiet der öffentlichen Gesundheit – Diagnose, Prognose und Therapie – begegnet sowie zur Entwicklung einer französischen medizinischen und industriellen Branche im Bereich der Genommedizin beigetragen werden.

Beide Vorhaben sollen zeigen, dass Paris die Zeichen der Zeit erkannt hat.

Digitale Medizin, Ko-Innovation & Co

Ein Schwerpunkt der französischen E-Health-Strategie ist die Entwicklung der digitalen Medizin durch den Plan "Big Data im Bereich Gesundheit". So könnten beispielsweise neue Fernüberwachungssysteme oder Verfahren zur Auswertung der medizinischen Daten und zur Diagnosehilfe zur Anwendung kommen, heißt es.

Des Weiteren sollen Ko-Innovationen zwischen medizinischen Fachkräften, Bürgern und wirtschaftlichen Akteuren durch E-Health-Ausschreibungen und die Entwicklung von Living Labs gefördert werden, um zusammen mit den Nutzern an der Medizin der Zukunft zu arbeiten.

Darüber hinaus wird die Vereinfachung der Behördengänge für die Patienten und die Entwicklung einer digitalen Plattform zur Beteiligung der Patienten angestrebt. Nicht zuletzt soll die Sicherheit der Gesundheitsinformationssysteme gestärkt werden.

Die Umsetzung der Strategie erfolgt laut Gesundheitsministerium ab Herbst 2016 unter der Leitung eines strategischen Rates mit Vertretern von Fachkräften, Nutzern, der Industrie und öffentlicher Institutionen. Diese Strategie ergänze die seit 2012 eingeleiteten Maßnahmen.

Diese Maßnahmen sind zum Beispiel das digitale Krankenhaus-Programm, das Programm digitale Gesundheitsgebiete, die Förderung des Dossier Médical Partagé (elektronische Patientenakte) und Telemedizintests. Darüber hinaus hat Touraine im Mai 2015 ein Investitionsprogramm in Höhe von zwei Milliarden Euro angekündigt. Zu den Schwerpunkten gehören die Digitalisierung und die Informationssysteme.

Ethikrat wird bei Genommedizin mit einbezogen

Der Zugang zu und die Nutzung von Genomdaten werfen zahlreiche ethische Fragen auf individueller und gesellschaftlicher Ebene auf. Deshalb sieht der Genommedizin-Plan für Frankreich außer der Beteiligung der Gesellschaft eine Einbeziehung des französischen Ethikrates vor. Mit dem Plan sollen vier Ziele erreicht werden.

Im Detail geht es um die Ermittlung der Bedeutung der Genomsequenzierung für die heutige Medizin und künftige Entwicklungen sowie um die Positionierung Frankreichs im Bereich der Genommedizin, um die Festlegung der Prioritäten im Einklang mit der nationalen Gesundheits- und Forschungsstrategie, die Bewertung der innovativen, wirtschaftlichen, technologischen und ethischen Herausforderungen und nicht zuletzt um die Unterbreitung eines langfristigen, medizinisch- ökonomischen Modells.

Der französische Genommedizin-Plan ist in drei Schwerpunkte und 14 Maßnahmen gegliedert. Subsumiert sind dabei die Entwicklung von Instrumenten für die genombasierte Behandlung, die Etablierung von zwölf Sequenzierungsplattformen in Frankreich, die Einrichtung eines Instruments zur Datenerfassung und -analyse zur Verarbeitung, Auswertung und Verknüpfung von Big Data in der Medizin sowie die Gewährleistung des technischen und ethischen Rahmens.

Umsetzung der genombasierten Behandlung

Hinzu kommt die Umsetzung der genombasierten Behandlung inklusive Einwilligung, Probenentnahme und -transport, Qualitätskontrolle, die Einführung eines Auswertungs- und Bestätigungsverfahrens der Bedingungen für den Zugang zur Genommedizin sowie die Gründung eines Referenz-, Innovations-, Kompetenz- und Transferzentrums.

Darüber hinaus sieht der Plan laut Inserm die Einführung von Ausbildungen zur digitalen und Genomgesundheit innerhalb der Universitäten und Schulen, die Gewährleistung einer hochwertigen Behandlung sowie einen Beitrag zur schnellen Entwicklung der Genommedizin-Branche vor.

Die industriellen, akademischen und öffentlichen Akteure sollen involviert werden. Weitere Aspekte sind das Monitoring der internationalen Entwicklungen, die Realisierung eines Forschungsprogramms zu medizinisch-ökonomischen Aspekten sowie Information, Beratung und Beteiligung der Gesellschaft.

Mehr zum Thema

Digitalisierung der Kliniklandschaft

DigitalRadar Krankenhaus in die zweite Runde gestartet

Protestkampagne geplant

Rund 500 Apotheken weniger in Deutschland

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Weniger Rezidive

Hustenstiller lindert Agitation bei Alzheimer

Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen forderte am Mittwoch beim Gesundheitskongress des Westens unter anderem, die dringend notwendige Entbudgetierung der niedergelassenen Haus- und Fachärzte müsse von einer „intelligenten“ Gebührenordnung flankiert werden.

© WISO/Schmidt-Dominé

Gesundheitskongress des Westens

KBV-Chef Gassen fordert: Vergütungsreform muss die Patienten einbeziehen